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nicht zu theil geworden sei, und meinen, er werde wohl ebenso wenig an die auferstehung Maria's glauben, als einst an diejenige Christi. Darauf erwidert ihnen Thomas, er glaube das alles sehr wohl, um so mehr, als auch er Maria habe in den himmel fahren sehen, und zeigt ihnen zum beweise dafür auch den gürtel, den er von ihr erhalten hat. Die apostel freuen sich darüber und preisen gott. Die engl. version stimmt dagegen mit Trans. A darin überein, dass die apostel bei der ankunft des Thomas von Maria's himmelfahrt nicht das mindeste wissen. Abweichend verhält sich E nur bezüglich des einen punktes, dass, während nach Trans. A Thomas den aposteln den gürtel zeigt, nachdem sie das grab besucht haben, nach E dies vorher geschieht.

Ausserdem bietet Conrads gedicht einige pluszüge, die in E. fehlen. So bringt der engel Maria ausser der palme noch ein weisses gewand, v. 242; vgl. L. A., De modo ass. B. M. p. 518: Post horum narrationem dat angelus virgini bravium palmae missum ex paradisi propagine ad certitudinem adversus corruptionem mortis victoriae et vestimenta funebria ad coelum ex quo venerat, repetit. Zum zeugniss dafür, das Johannes und die übrigen jünger wohl noch rechtzeitig zum tode Maria's anlangen könnten, erwähnt Conrad v. 279 ff. die wunderbare überführung des propheten Habacuc nach Babylon; vgl. Cod. Ambr. L. 58, bei Tisch. a. a. o. p. LIV: Nam qui Babylonem olim prophetam de Judaea crine attulit, subito ipse procul dubio ad te apostolos adducere poterit in momento. Trans. A cod. B (bei Tisch. p. 121 f.) bringt denselben vergleich bei als beweis dafür, dass die apostel nach der beerdigung rasch wieder in die verschiedenen länder zurückgebracht werden konnten. Eine nähere beschreibung des glanzes der palme, wie sie Conrad v. 349-—59 bietet, ist wiederum nur in Cod. Ambr. L 58, bei Tisch. a. a. o. p. XLIV und L. A. P. 505 enthalten.

Endlich bemerke ich noch, dass der längere dialog zwischen Johannes und Maria, die schilderung ihrer traurigkeit über die bald bevorstehende trennung, die der englische dichter so schön beschrieben hat, mit ein paar versen abgefertigt wird; vgl. v. 339 ff. :

Dem herren (sc. Joh.) wart dô kunt getân

Allez daz dâ solte ergân,

Als si der engel wizzen lie.

Alledem gegenüber kann der umstand, dass wie bei Conr. Christus selbst erscheint, um Maria zu verkünden, dass er sie bald ab

holen werde, so in E v. 393 B ein zweiter engel kurz vor der ankunft Christi zu ihr kommt, und sie auffordert, sich für den tod bereit zu halten, nicht schwer in's gewicht fallen, sondern wohl auf ähnliche vorlagen zurückzuführen sein.

Nach allem bisher gesagten steht das deutsche gedicht in keinerlei näherem verhältniss zum englischen. Es beruht auf Trans. B und A und berührt sich ausserdem an mehreren stellen mit cod. Ambr. L. 58.

Da nun E sich von keiner der beiden neueren fassungen der sage ableiten lässt, so wird dadurch die annahme, dass E direct auf eine oder mehrere lateinische vorlagen zurückgeht, zur gewissheit.

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Wenn R. Lumby in der p. 12 genauer citirten ausgabe p. VIII sagt: 'But the nearest approach to the English version, as here printed, is in two Latin texts of the Transitus Mariae, marked A and B respectively Of these the latter corresponds almost exactly with our English version', so ist diese angabe recht unvollständig; denn sie ist bloss für die ersten zwei dritttheile des gedichtes richtig. Dass der schluss, besonders die einführung des apostel Thomas der darstellung in A sehr nahe steht, sahen wir oben p. 12. Noch steht E an zwei stellen dem öfters schon citirten Cod. Laur. (B) näher als den beiden von Tisch. vollständig edirten hss. Das erscheinen Christi ist von donner und erdbeben begleitet, E v. 348 f.; vgl. Tisch. a. a. o. p. 117, var. 11 C: Veniente hora tertia ipsius diei sicuti spiritus sanctus apparuit in nube suis discipulis quando transfiguratus est, ita et tunc apparuit atque descendit Christus. Et tunc omnis terra tremuit; facta fuit illustratio et claritas adventus Christi cum odore suavitatis. Aehnlich sagt auch die L. A. de modo ass. B. M. p. 520: Post hoc tonitruum magnum totam domum concussit et spiritus fragrans domum tanta suavitate replevit etc. Dass das in Maria's grabe gefundene manna ausser bei Wace ebenfalls nur im Laur. sich findet, wurde oben p. 11 f. erwähnt.

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Zu der fassung in der L. A. stimmt ein passus, welchen freilich nur die hss. DE enthalten. Es heisst da in der anrede des Joh. an die apostel, v. 338 ff.:

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And wepe not for hire sake;

For hire frendis þat ben here,
Loke ze make fayre chere.

L. A. p. 506: Johannes igitur ad eos exiit et dominam de corpore recessuram praedixit et addidit dicens: Videte, fratres, ne, cum obierit,

aliquis eam defleat, ne hoc videns populus conturbetur et dicat: ecce, isti quomodo timent mortem, qui tamen aliis praedicant resurrectionem.

Nur zu der L. A. de modo ass. stimmt E darin, dass es nichts weiss von der wunderbaren überführung des Johannes aus Ephesus, die von Trans. A und B sowie von Wace einstimmig berichtet wird; vgl. L. A. p. 518: Dum autem haec agerentur, beatus Johannes adveniens, quomodo se res habeat, percontatur.

Einzelne momente des Trans. B sind in E ausgelassen, so die scene der waschung Maria's durch die drei jungfrauen (vgl. Tisch. a. a. o. p. 130), ferner der streit, ob Petrus oder Johannes die palme tragen solle (Tisch. p. 130 f.); die erzählung von der wunderbaren wolke, welche die bahre umhüllte (Tisch. p. 131); verschwiegen ist auch der umstand, dass die arme des Juden vertrocknet bleiben, sowie der bericht über die wunderbare anwendung der palme durch denselben.

Dagegen lassen sich nur sehr wenige züge in E auf keine der von uns besprochenen älteren fassungen zurückführen. Dahin gehört, dass der bekehrte Jude an einem tage mehr als 20 000 seiner landsleute dazu bestimmt, Christen zu werden; besonders aber der zug, dass die apostel, einer stimme vom himmel folgend, nach Jerusalem zurückkehren und dass, während sie sich da aufhalten, Christus Maria erweckt und zu sich in den himmel hinaufhebt. Doch zweifle ich nicht daran, dass für diese einzelheiten sich in zukunft noch ältere parallelen finden werden 1).

Nach den obigen erörterungen über die mhd. version der Ass. und E könnte es scheinen, als ob beide verfasser in der wahl ihrer vorlagen sehr eklektisch verfahren wären und sich bald an einen, bald an einen anderen latein. text angeschlossen hätten. Man braucht sich jedoch nur an das factum zu erinnern, dass die verschiedenen legenden-hss. vielfach nach einander corrigirt und interpolirt worden sind (vgl. Kölbing: Zur legendenforschung, Engl. st. II, p. 281 f.); so entstanden die verschiedenartigsten mischredactionen; eine solche ist z. b. offenbar Cod. Ambr. L. 58 L. A., der sich im berichte

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1) Auch in L. A. de modo Ass. kehren die apostel nach Jerusalem zurück, aber erst nachdem sie die himmelfahrt Mariae gesehen haben; es heisst da p. 521: Quo munito dum apostoli et discipuli domini juxta mandatum domini sepulchrum starent, tertio die nubes splendidissima sepulchrum circumdedit, voces angelicae resonant, ineffabilis odor sentitur, fit omnibus stupor immensus, dum dominum illuc cernerent descendisse et corpus virginis cum gloria tam immensa transferre. Osculantes igitur apostoli sepulchrum in domum evangelistae et theologi sancti Johannis reversi sunt, tantae virginis custodem laudantes.

sonst an Trans. B hält, am schlusse aber, wenn auch gewissermassen nur in excerptform, auch die Thomasepisode erzählt; vgl. Tisch. a. a. o. p. XLIV = L. A. p. 509: Thomas autem cum abesset et rediens credere recusaret, subito zonam, qua corpus ejus praecinctum fuerat, ab aëre recepit illaesam, ut vel sic intelligeret, quod totaliter fuisset assumta, und eine derartige hat sicherlich jeder der beiden dichter vor sich gehabt. Die aufstellung eines stammbaumes der verschiedenen redactionen wird dadurch einfach unmöglich gemacht.

Dem etwa hierher gehörigen abschnitt des Cursor Mundi liegt wohl Wace zu grunde; dass wenigstens der verf. des C. M. diesen kannte und ein früheres stück der Conception übertragen hat, erfahren wir bei Manc. et Treb. p. LXVIII.

III.

Die überlieferung des gedichtes.

Von der oben unter 6) erwähnten englischen legende sind uns fünf hss. erhalten:

A) Ms. Gg. 4, 27, 2 der universitätsbibliothek in Cambridge; pergamenthandschrift, aus dem ende des 13. jahrh. stammend; beschrieben von R. Lumby: King Horn, with fragments of Floriz and Blauncheflur, and of The Assumption of Our Lady, from a ms. (GG. 4, 27, 2) in the Cambridge University Library. Also, from mss. in the British Museum, The Assumption of Our Lady (Add. ms. 10 036), and Fragments of the Floyres and Blancheflur (Cotton Vitellius D. III). Edited, with notes and glossary, by J. Rawson Lumby. London 1866, p. V f. Leider sind uns hier von der Assumption nur die ersten 240 verse erhalten. Edirt ist dies fragment von Lumby a. a. o. P. 44-50. Anmerkungen dazu auf p. 121 f.

B) Add. ms. 10 036 im British Museum in London, ebenfalls eine membrane, aber viel jünger als A, wohl aus der zweiten hälfte des 14. jahrh. stammend, gleichfalls von Lumby herausgegeben, a. a. o. p. 75-100. Anmerkungen dazu auf p. 125 f. Diese hs. enthält 904

verse.

C) Cod. Harl. chart. 2382 des British Museum; eine abschrift verdanke ich herrn prof. Kölbing, der durch dr. C. Horstmann auf die hs. aufmerksam gemacht worden war. Hier umfasst das gedicht 710 verse.

D) Cod. chart. Dd. 1, 1 in fol. der universitätsbibliothek in Cambridge, p. 317-328. P. 324 und 325 fehlen, da ein blatt heraus

gerissen ist. Einige proben davon giebt Lumby a. a. o. p. 126. Wenn derselbe p. VII über diese hs. bemerkt: »This copy is as old, if not older, than the fragment here printed«, so ist mir diese behauptung gegenüber einer papierhandschrift des 15. jahrh. nicht recht verständlich. Ich benutze eine von herrn prof. Kölbing gefertigte abschrift. Von dieser version sind 594 verse erhalten.

E) Cod. chart. Ff. 2, 38, 23 in der universitätsbibliothek in Cambridge, fol. 402 ff. Erwähnt wird die hs. von Lumby a. a. o. p. VII. Eine abschrift davon verdanke ich durch herrn prof. Kölbing's vermittlung herrn J. H. Hessels in Cambridge. Sie besteht aus 770 versen.

Ausserdem besitzen wir zwei von einander unabhängige, spätere umarbeitungen dieses gedichtes, die erste (F) ist erhalten in zwei hss. des British Museum, Cod. Harl. 4196, fol. 165 f. und Cod. Cott. Tiber. VII fol. 255 a 2 288. Beide sind pergamenthandschriften; Cod. Harl. stammt aus der mitte des 14. jahrh., Ms. Tib. ist älter. Sie finden sich genau beschrieben bei C. Horstmann: Altenglische legenden. Neue folge. Mit einleitung und anmerkungen herausgegeben. Heilbronn 1881, p. LXXVIII ff. Edirt ist diese fassung von Horstmann a. a. o. p. 112 ff. Sie enthält 542 verse.

Die zweite (G) steht in Ms. Lambeth 223, einer pergament-hs. aus dem anfang des 15. jahrh.; beschrieben von Horstmann a. a. o. p. XLVI. Der anfang der legende wird von demselben mitgetheilt a. a. o. p. XLVII. Seitdem hatte herr Horstmann die güte, mir seine abschrift dieser hs. zur herausgabe zu überlassen.

Diese handschriften verhalten sich folgendermassen zu einander: 1. A und B (später B allein) bilden eine besondere gruppe gegenüber CDE; und zwar aus folgenden gründen. a) AB sind vollständiger.

AB haben v. 43 f.1) ein verspaar, das in CD fehlt, während E an dieser stelle eine grössere lücke aufweist:

How schal I leue withoute pee?

Leue sone, what saist þou to me?

Wir haben keinen grund, an ihrer echtheit zu zweifeln. Deutlich zeigt sich die gruppirung v. 87 f. Sechs versen von AB setzen CD vier andere gleiche reime entgegen, die ausser dem bevorstehenden

1) Ich citire für die gruppe AB nach B, für CDE nach C. In anderen zusammenstellungen hat man sich immer an die zuerst stehende handschrift derselben zu halten. Die verse einer einzelnen hs. sind, wie das füglich nicht anders ging, nach dieser angegeben. Durch die unter dem texte der ausgabe gegebene concordanz wird das auffinden der stellen wesentlich erleichtert werden.

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