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Allein die Grottesken, welche Vitruvius so sehr tadelt *,, waren eine Erfindung der Maler seiner Zeit, und mehr das vorseßliche Werk einer ausschweifenden Einbildungskraft und eines übeln Geschmacks, als Nachahmung des ägyptischen Style.

Ich wüßte auch nicht, was die Künstler zu Vitruvs Zeiten hätte bewegen können, den ägyptischen Styl nachzuahmen. Der ägyptische Aberglaube hatte damals noch keinen so allgemeinen Beyfall unter den Römern gefunden, daß die durch denselben eingeführten Figuren die Kunst hätten verderben können.

4.

Ueber die Mängel des antiquarischen Studiums.

Das Studium des Antiquars ist ein sehr armseliges Studium! Wie viel Ungewißheit, auch da, wo er nichts als Untrüglichkeit zu erblicken glaubt! Er sieht z. B. eine alte Statue, aus welcher er nicht weiß was er machen soll. Doch endlich entdeckt er eine Aufschrift darauf; und nunmehr scheint ihm nichts gewisser zu seyn, als daß die Statue wirklich das ist, was die Aufschrift von ihr besagt.

Als ob nicht auch die Alten aus Unwissenheit, aus Kinderey, und wer weiß aus was sonst noch für Ursachen, falsche Aufschriften hätten machen können! Nur ein paar Beyspiele hiervon.

Als P. Clodius das Haus des vertriebenen Cicero niederreißen, und den Platz der Göttin der Freyheit heiligen lassen; was sagt Cicero von dem daselbst aufgerichteten Bilde dieser Göttin ? **

,,Eumne potissimum Libertàs sua domo debuit pellere, qui nisi fuisset, in servorum potestatem civitas tota venisset? At unde inventa est ista Libertas? quaesivi enim diligenter. Tanagraea quaedam meretrix fuisse dicitur. Eius non longe a Tanagris simulacrum e marmore in sepulcro positum fuit. Hoc quidam homo nobilis, non alienus ab hoc religioso Libertatis sacerdote, ad ornatum aedilitatis suae deportavit. Etenim cogitarat omnes superiores muneris splendore superare. Itaque omnia signa, tabulas,

L. VII. c. 5.

** Or. pro domo sua, c. 43.

ornamentorum quod superfuit in fanis et communibus locis, tota e Graecia atque insulis omnibus, honoris populi Romani causa, sane frugaliter domum suam deportavit. Is posteaquam intellexit, posse se, interversa aedilitate, a L. Pisone consule praetorem renuntiare, si modo eadem prima litera competitorem habuisset aliquem: aedilitatem duobus in locis, partim in arca, partim in hortis suis collocavit: signum de busto meretricis ablatum isti dedit, quod esset signum magis istorum, quam publicae libertatis. Hanc deam quisquam violare audeat, imaginem meretricis, ornamentum sepulcri, a fure sublatuin, a sacrilego collocatum?"

Was in Griechenland die Bildsäule einer Buhlerin war, ward in Rom eine Göttin der Freyheit.

Ich merke bey dieser Stelle noch an, daß Figrelius (de Statuis illustr. Romanor. c. 1. p. 2.) daraus erweisen will, daß die Wörter: signum, simulacrum und imago als gleichbedeutend gebraucht worden. Allein, es ist falsch. Signum ist zwar das allgemeine Wort; allein simulacrum und imago wird nur in so fern von dem signo gesagt, als dieses eine gewisse Person wirklich vorstellt, und nicht bloß anzeigt; wie hier die tanagräische Buhlerin. Das Ikonische macht das signum zum simulacrum und zur imago; und diesen Unterschied hat Figrelius gar nicht angemerkt.

Ein zweytes Beyspiel dieser Art ist das Verfahren der Einwohner von Rhodus, wider welches Dio Chrysostomus in einer ganzen Rede geeifert hat.

*

* Nehmlich in der 31sten Reve, Podiazos. Aus Geiz, und weil sie der Statuen schon genug zu haben glaubten, begingen nehmlich die Rhodiser die Unart, wenn sie Jemanden die Ebre einer Bilrsäule bewilligten, keine neue seßen zu lassen, sontern von irgend einer alten die Inschrift wegzunehmen, und eine neue in deren Stelle zu sehen Vergl. Figrelius, 1. c. p. 238. ff. wo auch mehrere Beysviele dieser Art angeführt werden. Dergleichen geschah entweder mit Borsaß, oder aus Unwissenheit. Mit Absicht, wie in dem eben gedachten Falle. So wurden auch zuweilen Namen berühmter Männer in die Stelle der Götternamen geseßt, und umgekehrt. Auch veranlaßte die Schmeicheley zuweilen diese Vertauschung, wenn man z. B. die Bildsäulen der Kaiser mit Götternamen bezeichnete. Von der Unwissenbeit, aus welcher Mumnius den Statuen falsche Inschriften geben ließ, werden von eben den Dio Chrysostomus verschierne Beyspiele angeführt †). Man sieht aus dem allen, wie unsicher die Angaben der, auf diese Weise oft umgeänderten, oft erst spät hinzugefeßten, Namen auf Bilesäulen, Hermen, Büsten und geschnittenen Steinen sind. Und möchte dies nur der einzige Umstand seyn, der das Studium des Alterthumsforschers schwankend und unsicher macht!

+) in Orat. Corinthisca. c. 37.

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5.

Anmerkungen zu Fueßlins Künstler-Lexikon.

Donat Rascicotti.

Nicht Rasciotti, wie er beym Fueßlin heißt, war ein Kupferstecher zu Venedig, um 1559. Diese Data finde ich auf einer Sammlung von Octavblättern, an der Zahl 14, welche wollüstige Figuren enthalten, lauter nackte Nymphen und Weiber aus der Fabel und Bibel, zum Theil unter den Händen geiler Satyrn. Nach wem Rascicotti diese Blätter gestochen, wird nicht angegeben; sie sind aber von sehr richtiger und schöner Zeichnung.

Crispin de Pas.

Den ich beym F. gar nicht finde, ob er gleich so vieles nach seiner und andrer Zeichnung gestochen. It merke ich nur seine Blätter, an der Zahl 60 in klein länglich Octav an, welche Geschichten aus dem Alten Testamente vorstellen: und besonders wegen eines Einfalles, der artig genug ist. Nemlich, die Stücke sind auf die gewöhnliche Kupferstecherart schraffirt und behandelt; nur in verschiednen von den erstern, wo Gott vorkommt, ist die Figur Gottes mit bloßen Punkten, nach Art des Opus Mallei, ausgedrückt, um die mehr dem Geiste als den groben Sinnen empfindbare Gegenwart des Schöpfers auszudrücken. Crispin de Pas, oder wie er auch auf seinen Kupfern heißt, Passäus, ja auch van de Passe, arbeitete zu Cölln, wo er unter andern die vier Evange listen nach Geldorpius Gortzius auf 4 Folioblättern, jeden in halber Figur, herausgegeben.

Abr. Bloemaert.

Auf seinem Bildnisse nach P. Morelsen, das I. Mathan gestochen, stehet, daß er 1610, 43 Jahr alt gewesen. Er muß also 1567, nicht 69, wie das Fueßlinsche Lexicon sagt, geboren seyn.

Gio. Ghirardini.

Ein Maler, der 1698 nach China reiste, und seine Reise Französisch), mit untergemengten Italienischen und Französischen Versen, beschrieben hat. Sie ist 1700 gedruckt, und unter den Reisebeschreibungen in unserer Bibliothek.

1 No 5. 6. 7. von Fülleborn herausgegeben in Leffings Leben ¡¡¡, (1795) .387.

David Vinckboons oder Vinkboens.

Nicht Windenbooms, wie ihn F. schreibt, welcher auch ganz gewiß fälschlich von ihm sagt: daß er ungefähr 22 schöne Kupferstiche verfertiget. Ich wüßte nicht, daß er in Kupfer gestochen: wohl aber haben Nic. de Bruyn, Joh. Londerseel, G. Swanenbusch, sehr große und schöne, desgleichen Mathan, P. Serwouter, Hessel und C. 3. Bissher kleinere Stücke nach ihm gestochen. Und zwar Mathan eine Folge von 12 kleinen mythologischen Stücken, und P. Serwouter 10 kleine längliche Jagdstücke, die zu Amsterdam bey C. I. Vissher herausgekommen. Sein Zeichen ist

RB.

Chevalier Berenni.

Finde ich bey F. nicht. Er soll an dem Monument des Kardinals Friedrich, Landgrafen zu Hessendarmstadt, in einer Kapelle der Domkirche zu Breslau gearbeitet haben. S. die Reise nach Breslau in der Bibl. German. T. X. p. 120. Bernini kann es nicht seyn, welcher bereits 1680 gestorben war. Die andern Mitarbeiter, Hercule Ferretta und Dominico Guidi, starben, jener 1686, dieser 1701.

6.

Anmerkung zu Heincke'ns Idée generale d'une Collection compl. d'Estampes.

Daniel, Hieronymus und Lambertus Hopfer.

Wie Heinike (Idée gener. p. 491.) diese alten Meister, die um 1527 und folgende Jahre gelebt, und gearbeitet, unter die Holzschneider seßen können, kann ich nicht begreifen. Ich habe von keinem einzigen Holzschnitte gesehen, wohl aber ein Paar hundert in Kupfer gestochene, meist radirte Blätter, unter welchen sich verschiedne Nachahmungen und Copien von Dürern befinden.

7..

Vermischte Anmerkungen und Nachrichten.

Gemälde von der Hölle.

Ich erinnere mich, daß ich mich ehedem über ein altes Gemälde, ich weiß nicht mehr in welchem Kloster zu Hildesheim, gewundert habe, welches lange vor der Reformation gemacht war, und auf welchem die Hölle zu sehen, in der geistliche Personen von allem Range sich fanden. Jezt sehe ich aus einer Stelle beym Luther, in seinem Hans Worst, daß dieses nichts besonders, sondern die gewöhnliche Weise gewesen, die Hölle zu malen: „Vorzeiten da die Maler das jüngste Gerichte maleten, bildeten sie die Hellen einen großen Trachen - Kopf, mit sehr weitem Rachen, ,,darinn mitten in der Glut, stunden der Papst, Cardinal, Bisschove, „Pfaffen, Münche, Kaiser, Könige, Fürsten, allerley Mann und Weiber, ,,doch kein Jung Kind."

Gratiana le Wright.

So hieß die Englische Malerin, welche zu London 1664 den Prinzen Ferdinand Albrecht von Braunschweig und Lüneburg gemalt. Sie scheint von Geburt eine Italiänerin gewesen zu seyn, und die Frau vom Michael Wright, die er ohne Zweifel bey seinem ersten Aufenthalte in Italien geheirathet. Es ist aber doch sonderbar, daß Walpole nichts von ihr weiß. Lodovico Dolce (Dulcius).

Weder Ghilini *) noch Papadopoli **) sagen etwas von dem Plagio, welches Dolce an dem Camillo Leonardo begangen; sondern beyde zählen seinen Trattato delle Gemme nicht unter seine Uebersetzungen, sondern unter seine eignen Werke. Er ist zuerst gedruckt zu Venedig 1565 in 8. Ich habe einen spätern Druck ebendaher von 1617 vor mir.

Camillo Massimi.

Ein Römer von Geburt, und Cardinal von der ersten Promotion Clemens des-X, im Jahr 1670. Er war einige Zeit Nuntius in Spanien, und starb den 12ten September 1677. Er sammelte ein großes Werk de Picturis Veterum, für welches er alle Ueberbleibsel vou alten Gemälden durch geschickte Hände in Wasserfarben genau kopiren ließ. Einen großen Theil davon hatte Pietro Santi Bartoli gemalt, besonders die

(*) Theatro d'Huomini letterati. Milano 8. p. 284.

Histor. Gym. Patavini T. II. p. 221. Venet. 1726. fol.

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