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Entwürfe

zur

Fortsetzung der Briefe antiquarischen Inhalts.'

LVIII.

Fürchten Sie nicht, noch mehrere Briefe im Tone der letztern zu erhalten. Gewiße Dinge verdienten freylich nie gesagt zu werden, und doch müßen sie wenigstens einmal gesagt werden.

Die persönlichen Verhältniße der Schriftsteller gegen einander intereßiren nur kaum den kleinsten Theil des zeitverwandten Publici. Welcher wünscht, daß sein Buch auch bey den Nachkommen nicht ganz vergeßen seh, und welcher sollte es nicht wünschen? muß über nichts streiten,

was ihn nur selbst angeht.

Ob L[effing] den berühmten Kloß beneidet hat, was die geheimen Ursachen gewesen, warum er wider ihn geschrieben, verlangt auch schon in zehn Jahren niemand mehr zu wißen. Dann fragt sich blos: Was hat er gegen ihn geschrieben? Was hat sein Schreiben gegen ihn genußt? Welche Vorurtheile hat er gegen ihn bestritten? Welcher Wahrheiten hat er sich gegen ihn angenommen? c.

Folglich ist alles sehr unnüßes Geschwätz in der Recension des Herrn Kloß2, bis auf das Wenige, was die unter uns streitige Sache selbst betrifft. Er verspricht mir in einer besondern Schrift zu antworten. Die

muß ich erwarten.

1 Herausgegeben von Eschenburg im zwölften Theile der sämmtlichen Schriften 1793, hier aber verbeßert nach der Originalhandschrift aus Eschenburg's Nachlaß. v. M. 2 In seiner deutschen Bibliothek v. ich. W. St. VII. S. 465. Eschenburg.

Vorläufig will er nur einige Punkte berühren, deren Untersuchung weder Nachschlagen noch Nachdenken erfodert. Hören Sie doch einige davon! Von Tuschern. Die Stelle des Giulianelli beweißt nichts. Giulianelli ist kein beßrer Compilator als Fueßli. Es ist nicht die Frage, ob Tuscher für einen Steinschneider gehalten worden, sondern ob er es gewesen. Freylich ist er für einen gehalten worden, und hat gar für einen gehalten werden wollen; und dadurch wurden Gori und Mariette und Giulianelli hintergangen worden. Aber er ist keiner gewesen, welches Natter beweiset. Natter's Zeugniß gilt hier allein, der mit ihm lange Zeit gelebt und gearbeitet.

Vettori war seinetwegen in dem nehmlichen Irrthume. Aber auch das beweiset nichts. Sie wißen alle von ihm nur Ein Stück zu nennen, sein Portrait nehmlich: welcher Versuch aber, ihn wie Natter sehr richtig sagt, noch lange zu keinem Steinschneider macht. Ja, diese Köpfe waren. bloße Pasten, über ein Wachsmodell gegoßen. Der einzige Kopf der Minerva; aber der war mit dem Meßer geschnitten.

Diesen Künstler nannte Kloß gleichwohl einen fleißigen Künstler. Aber fleißig soll hier nicht die Vielheit der Arbeit anzeigen, sondern die Sorgfalt der Ausarbeitung. Woher kennt er die? möchte ich fragen, Hat er ein Stück von ihm gesehen? Ja, diese kann er gar nicht gehabt haben.

(Auf einem einzelnen Oktavblatte findet sich folgender, anders lautende, Anfang dieses acht und funfzigsten Briefes.) '

Scharfsinnige Leute wollen angemerkt haben, daß die letzten sieben meiner Briefe ihrem Titel nicht entsprechen; daß sie nicht antiquarischen Inhalts gewesen.

Nun, so waren sie wenigstens antiquarischen Tones! - E8 hat mir Mühe gemacht, diesen Ton zu treffen. Geläufig wird er mir nie werden; und ich werde immer einen Herrn Kloß nöthig haben, der mir ihn angiebt.

Ich muß den Stich, den man mir zu verseßen denkt nur selbst vertiefen. Er kann bey dem allen nicht tödtlich werden.

1 Dieses Octavblatt befindet sich nicht bei dem Manuscripte. v. M.

Aber auch um eine ernstliche Antwort wäre ich nicht verlegen. Es ist wahr, das Studium der Alterthümer selbst betreffen diese fieben Briefe nicht: aber sie betreffen doch Männer Einen Mann wenigstens, der

sich mit diesem Studium abgiebt.

LIX.

Seine Verantwortung wegen der alten Künstler. Ich tadelte ihn nicht, daß er sie nicht alle angeführt, sondern, daß er gar keine andern angeführt, als die Stosch angeführt. Den Cronius hätte er nicht wegen der alten Paste anführen sollen: sondern weil ihn Plinius angab. S. meine Collektaneen; was sonst von dieser Materie anzumerken. Zugleich von meinen zwey noch nicht bekannten Steinen mit EP. und Anteros. S. meine Collect. p. 16 u. 153 und 356.

LX.

Daß ich ihm Druckfehler Schuld gegeben. Aber er führt weislich nur Beryll an, und sagt nichts von Achat und Amethyst. Des Moco nicht zu gedenken. Bey Gelegenheit hier von des Baccius Ableitung des Worts Achates. Er zielte auf den. Gefährten des Aeneas.

Und habe ich ihm denn nur Schuld gegeben, daß er die Namen der Steine nicht zu schreiben weis? Habe ich ihm denn nicht bewiesen, daß ihm von ihrer Kenntniß überhaupt nichts beywohnt?

Dieser Unwißenheit ist er noch auf eine andere Weise zu überführen. Er kennt auch nicht die allerbekanntesten Scribenten in dieser Materie. Beweis aus dem, was er vom Petrus de Scudalupis und [Ca= millo] Leonardo sagt. p. 25.

LXI.

Auch den Marbodus muß er wenig oder gar nicht kennen. Er ist in der Ausgabe des Gorläus befindlich: sagt er. Sonst nirgends? Nachricht von den verschiedenen Ausgaben, und besonders der Ranzoschen. Und was für Aberglaube steht denn in dem Gedichte des Marbodus, der sich nicht auch im Plinius fände?

LXII.

Darum braucht Marbodus nicht ganz den Betrug geschmiedet zu haben: und es können Schriften eines Evar vorhanden gewesen seyn, und sind es vielleicht noch. S. meine Collect. unter Evax.

LXIII.

Unter den Gedichten des Marbodus finden sich welche, die ihm gar nicht gehören, S. m. Coll. p. 266. und die sein Herausgeber ihrem wahren Urheber wohl hätte wieder zustellen können.

Eben das ist von den Gedichten des Hildebertus zu sagen. S. m. Coll. Hildebertus. Gebrauch der von den Gedichten dieser späteren Kirchenväter zu machen: in Berichtigung der klaßischen Dichter aus den fie genommen.

LXIV.

Gebrauch den der jüngere Burman davon zu s. Anthologie hätte machen können.

LXV.

Wenn Klot Burmannen solche Nachweisungen hätte geben können: so würde es ihm dieser ohne Zweifel Dank gewußt haben. Und so wären wir wieder bey Kloß, deßen besondere Widerlegung ich ruhig erwarte.

Aber nein; er hat sich anders besonnen. Er hat meine Briefe kaum zur Hälfte gelesen, und will sie gar nicht lesen, geschweige, daß er sie zu widerlegen die Mühe nehmen sollte. Er ist zu groß, sich mit mir einzulaßen, und er läßt seine Creaturen gegen mich los. Er ist wie der Alte auf dem Berge, der thut, als ob er kein Waßer betrübe, und seine Banditen in der Welt herumschickt.

Von dem elenden Stolze, seinen Gegner nicht lesen zu wollen.

LXVI.

Eine von seinen ersten Creaturen ist Riedel. Unter deßen Recension der antiquarischen Briefe in den Erf. Zeitungen. *)

„Noch, fängt er an, haben wir die antiquarischen Briefe des Herrn Lessings (erster Theil bey Friedrich Nicolai) nicht ausführlich angezeigt."

Nein; aber gewandsweise ihnen schon mehr als Einen Hieb zu versetzen gesucht! Das ist gar recht! So wird der Leser allmählich vorbereitet, und der Verfasser fürs erste bey kleinem Feuer gebraten, bis man ihn ganz in die Flamme wirft. Das geht nun los. Der Himmel stehe mir bey!

*) Der Anfang von Lessings Antwort auf diese Recension fand sich diesem Entwurfe beygelegt, und wird daher hier sogleich mit eingerückt. Eschenburg. Diese Antwort befindet fich ebenfalls nicht mehr bei dem Manuscripte.

v. M.

„Einige Anmerkungen des Herrn Kloß wider Herrn Lessing, und „eine Recension im Reichspostreuter haben dem Herrn Verfasser die „Gelegenheiten zu diesem Buche von 256 Seiten in kl. 8. gegeben.“

Ganz recht! In seinem Buche wollte mich Herr Kloß fein höflich eines Bessern belehren; und in dem Reichspostreuter ließ er auspofaunen, daß er mich eines unverzeihlichen Fehlers überwiesen habe. Eine Belehrung, dachte ich, ist der andern werth; und ich würde Hrn. Klotz gewiß auch recht höflich belehrt haben, wenn ich mich nur auch auf einen hübsch abgerichteten Freund hätte verlassen können, der meine schlaue süße Höflichkeit in gute derbe Wahrheit übersetzte. Aber leider! habe ich keinen solchen Freund. Ich mußte also nur gleich so schreiben, wie ich verstanden zu seyn wünschte. Das ist, nicht höflich, aber wahr!

„In der Vorrede erklärt er sich über den Ton, den er in diesen „Briefen genommen, und bekennt sich für einen Nachahmer der Alten, „die das Ding, was wir Höflichkeit nennen, nicht gekannt hätten.“

Die Bescheidenheit nicht zu vergessen, welche den Alten anstatt der Höflichkeit eigen war! Ich bekenne mich für ihren Nachahmer in Beydem; in dem sowohl, was sie nicht hatten, als in dem, was sie hatten. Die Kloze mögen immer über meine Unhöflichkeit schreyen; genug, daß der wahre Gelehrte nie meine Bescheidenheit vermissen foll!

„Herr Lessing wird sich auf gewisse Punkte besinnen, in welchen ,,man den Alten keineswegs nachahmen soll, in welchen man vielmehr sich nach unsern Sitten, nach unserer Denkart und unserer Sprache zu „richten hat."

Herr Riedel traut mir zu viel zu. Wahrlich, ich besinne mich auf keine solche Punkte. Was bey den Alten recht und gut war, ist noch recht und gut. Doch, ich sehe, er kommt selbst mit einem Exempel meinem Gedächtnisse zu Hülfe.

„Die Alten nannten auch gewiffe Glieder und gewisse Handlungen ,,mit ihren eigenen Namen gerade heraus; uns andern mißfällt es schon, ,,wenn dergleichen Sachen auch nur von fern her angedeutet werden."

Diese Glieder und Handlungen bloß des Titels wegen mit ihren eigenen Namen zu nennen, mißfiel auch den Alten. Es waren nur ihre Pirons, die sich das erlauben: und auch wir haben ja unsere Katulle. Aber freilich, wenn der Naturlehrer, wenn der Arzt, wenn der kühne

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