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Uebersetzer durch statuarius giebt, macht die ganze Fabel sinnlos. Denn, wenn es ein Bildhauer heißt, wie könnte eine Merkurssäule wohlfeiler seyn, als eine Bildsäule Jupiters? Der Künstler läßt sich ja nicht den Gegenstand, den er ausdrückt, sondern seine Mühe bezahlen. 'Ayaλμa muß daher keine Bildsäule, sondern eine Art von Amuleten bedeuten, auf welchen Gottheiten ausgedrückt waren.

Sn ben 23orten: πολυν αυτου παρα τοις άνθρωποις ειναι τον λογον, [deint mir bor αυτου, περι ausgelaffen au feyn, unb der Sinn dieser: daß man unter den Menschen viel von ihm rede, viel nach ihm frage. Denn daß doyos so viel als Werth, Ansehen, heißen könne, davon finde ich kein Beispiel.

༢ Fab. XCI.

Merkur und Tiresias.

Ich möchte wohl wissen, wie die Ausleger diese Fabel mit der 98sten und 99sten verglichen, wo von der xoowvn ausdrücklich gesagt wird: ὀιωνισμον οὐκ έχει. 3er biefe Gowierigteit nit aufguläfen weiß, versteht die ganze Fabel nicht.

Sie muß aber so aufgelöst werden, daß Tiresias den Merkur eben daran erkannte, daß er ihm schon zum zweitenmal einen unrechten Vogel nannte, aus dem nichts zu schließen war.

Aelian sagt: (L. III. c. IX.) qui sedes avium et volatus observant, cornicem, si sola apparuerit, captantibus auguria inauspicatam esse dicunt.

Fab. CIII.
Merkur.

Daß diese Fabel besonders auf die Schuster (oxvtevs ist einer, qui artem sutoriam exercet;) eingerichtet sey, drückt die Uebersetzung nicht aus. Sie hat sie vielmehr gleich allgemein gemacht, daß man anstatt der Schuster jede andre Handwerker setzen kann.

Fab. CIV.
Jupiter.

Unfiatt δια του όχλου muß man fefen: δια του όχθου, δ. ἰ. durch die Lippen. Und nunmehr erst kommt in die ganze Fabel ein

Verstand. ó ózdos aber heißt eigentlich: littus, ripa; im figürlichen Verstande aber bedeutet es auch die Lippen, so wie auch to xeiĥos labium und ripa bedeutet.

Fab. CXXII.
Der Reiche.

Σαβ: άλλοτρίας συμφορας εργολαβειν ift fledt überfett burch: quaestui habere alienas calamitates. Es heißt vielmehr nur überhaupt: sich fremder Zufälle unterziehen.

Fab. CLIV.
Der Fischer.

Diese Fabel ist ein bloßes Gleichniß, weil sie keine Handlung hat; oder, wenn man das Durchschlüpfen der kleinen Fische auch für eine Handlung wollte gelten lassen, es gleichwohl ohne Absicht geschieht. So auch Fab. 268.

Fab. CLVIII.

Der hungrige Fuchs.

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„Ein hungriger Fuchs erblickte in einem hohlen Eichbaum von den „Schäfern zurückgelassenes Fleisch und Brod. Er gieng hinein, und fraß „es auf. Jezt war sein Bauch angeschwollen; er konnte nicht wieder „heraus, und fieng an zu heulen und zu schreien. Ein andrer Fuchs „gieng vorbei, und fragte, was ihm fehle. Jener erzählte, wie es ihm gegangen war. So bleib jezt hier, sagte der andre, bis du wieder so wirst, wie du beim Hineingchen warst; so wirst du leicht wieder heraus „fönnen."

Nachahmung.

Ich bin zu einer unglücklichen Stunde geboren! so klagte ein junger Fuchs einem alten. Fast keiner von meinen Anschlägen will mir ge= Lingen. Deine Anschläge, sagte der ältere Fuchs, werden ohne Zweifel doch klug seyn. Laß doch hören, wann machst du deine Anschläge? Wann ich sie mache? Wann anders, als wenn mich hungert? Wenn dich hungert? fuhr der alte Fuchs fort. Ja! da haben wir es!

Hunger und Ueberlegung sind nie beisammen. Mache sie künftig, wenn bu satt bist; und sie werden besser ausfallen. '

Fab. CLXXXIV.

Die Otter und die Feile.

Dentibus ut attereret, ist nicht im Griechischen, und verderbt alles.
Fab. CLXXXVI.

Jupiter und der Fuchs.

Ich halte diese Fabel nicht für äsopisch. Die Thiere sind menschlich darin: in lectica dum vehitur (vulpes); und das ist ein neuerer Fehler. -Dergleichen Spuren finden sich auch in der 228sten Fabel.

Fab. CXCI.

Herkules und Plutus.

In der Moral dieser Fabel hat der Grieche ungemein verstoßen: Ουτω πολλοι δια την ἑαυτων άβουλιαν δυςυχούντες την αιτιαν ἐπι το θεῖον ἀναφερουσιν. Sic multi propria infelices imprudentia, causam in numen referunt.

Fab. CXCVIII.

Die beiden Käfer.

Aus dieser Fabel folgt durchaus ganz und gar nichts.

Fab. CCXIX.

Der Löwe und der Fuchs.

Es ist unglaublich, wie Camerarius diese ganze Fabel in seiner lateinischen Uebersetzung verhunzt hat. Er verstand sie ganz falsch, und machte eine ganz andre, nämlich eine schlechte, daraus. Die Moral, wie sie beim Gabrias kurz und gut ausgedrückt wird, ist diese: ote ov δει και ηικραν περιφρόνησιν ἀποςρέφεσθαι, δαβ man and feine

1 Lessing hat in diesen Anmerkungen über den Acfov verschiedne seiner Nachahmungen oder Umändrungen äsorischer Fabeln zuerst entworfen. Die obige ist indeß die einzige ungedruckte, die er vermuthlich, weil sie keine Handlung hat, und mehr Gespräch als Fabel ist, in die Sammlung seiner getruckten Fabeln nicht, gleich den übrigen, mit aufnahm. Bei diesen leßtern machte mir indeß die Wahrnehmung seiner kritischen Sorgfalt in mehrern durchstrichnen und verbefferten Stellen kein geringes Vergnügen. Eschenburg.

kleine Verachtung dulden müsse. Eine Maus läuft dem schlafenden Löwen über die Mähne; er erwacht, springt auf, und sieht sich fürchterlich um : φοβερον απεβλεπε: unb φοβερος fann fowohl fürdterlid als furchtsam heißen. Der Fuchs lacht darüber; der Löwe aber sagt: où τον μον ἐφοβηθην, άλλα την κακην όδον και συνηθειαν ἀνατρεπω. 34 wollte bie® legte 23ort lieber in αποτρεπω ber= wandeln. Und was meint er für einen ódov zai ovvydɛiav, von welchem er abschrecken (¿ñotoɛñɛiv) will? Den Weg ohne Zweifel, den die Maus über seine Mähne nahm. Camerarius aber muß es von einem ganz andern Wege verstanden haben, wenn er sagt: et iter convertit, neque, quo coeperat, pergere voluit. Diesen Zusatz muß. man nothwendig ausstreichen, wenn nicht eine ganz andre, und weit schlechtere Fabel daraus entstehen soll.

Bei dem Tzezes, der diese Fabel nach dem Aesop und Gabrias anführt, liest man die letzten Worte: tyv de ógunv exτεл, impetum deflecto. Das kann hier gar keinen Verstand haben. Man muß offenbar anfiatt όρμην fefen, ὁδον.

Fab. CCXXXII.

Der Wolf und das Pferd.

Ist bei dem Nevelet sehr fehlerhaft, wegen des enεi na ndεws, welches er auch ganz falsch übersetzt hat.

Fab. CCXXXVI.

Der Wolf und der Esel.

Anstatt óvov muß man λɛovros lesen. Nothwendig! — Der Esel hätte so frei mit den Wölfen nicht seyn dürfen. Auch das folgende xaitη, welches nur einem Löwen zukommt, zeigt es zur Genüge.

Ueber den Phäder.1

I. Buch. 1. Fabel.

v. 4. Iurgii causam intulit; die Ursache aber warum der Wolf dieses that ist im Griechischen sehr wohl ausgedrückt, weil er das Schaf wollte μετ' ευλογου αίτιας καταθοινησασθαι. Tontaine ist noch plumper zu Werke gegangen, denn ohne zu sagen daß der Wolf eine Gelegenheit zum Zanke vom Zaune brechen wollen, damit er am Ende das Schaf mit gutem Fuge zerrißen zu haben scheinen möge, läßt er ihn auf einmal loßbrechen

Qui te rend si hardi etc.

v. 1. 2. Ad. rivum eundem Lupus et Agnus venerat

Siti compulsi

Das mußte sich wunderbar schicken; daß beyde zu gleicher Zeit durstete, und beyde an einen Fluß, ihren Durst zu löschen kamen! Und warum dieses wunderbare? Der Grieche sagt viel natürlicher: Avxos dεaσαμενος άρνα απο τινος ποταμου πινοντα. Denn mou mu auch der Wolf durftig seyn?

v. 7. Qui possum, quaeso, facere quod quereris, Lupe?

A te decurrit ad meos haustus liquor.

Der Grieche läßt vor dieser Entschuldigung noch eine andere vorhergehen; denn das Schaf sagt: vois άxpois xɛideoi rivɛiv, es berühre das Waßer ja nur mit äußersten Lippen, und alsdenn fährt es

1 Ein Heft in Octav (31⁄2 Bogen), welches sich jezt unter den Breslauer Papieren befindet, von Karl Lessing in die Sammlungen zur Geschichte der Aesopischen Fabel eingeschaltet, verm. Schr. 11, S. 230.

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