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zeitdauer ein gefühl der spannung oder enge (namentlich auch in den backenmuskeln), was aber auf die klangfarbe ohne merklichen einfluss ist; immerhin erklärt sich daraus die thatsache, dass die kurzen vocale in manchen sprachen unwillkürlich eine offenere färbung annehmen.

Das eigentliche thema erreicht sein ende in der erörterung der »>vocalverbindungen und halbvocale<; als resultat ergeben sich die letzten zwei thesen (15 und 16):

15. Die einsilbige verbindung zweier vocale wird als diphthong oder zweilaut bezeichnet; als wesentliches merkmal der einsilbigkeit ist dabei zu erachten, dass der stimmton nicht unterbrochen werde, und dass einer der componenten des zweilautes in bezug auf klangfülle und tonstärke sich dem andern unterordne. Als entschieden echt (unzweifelhaft einsilbig) sind vom physiologischen standpunkt aus diejenigen diphthonge zu bezeichnen, deren zweites element ein in consonantischer funktion verwendeter stimmlaut, d. h. ein sogenannter halbvocal ist, als unecht dagegen jede andere in der praktischen sprache noch als einsilbig anerkannte verbindung zweier stimmlaute. Da das wesen des halbvocals darin besteht, dass der betreffende stimmlaut unsilbisch« wird, also auf die äusserste stufe der bildung kommt, welche den übergang vom klang zum geräusche bildet, so können nur die an der grenze des vocalismus stehenden schlussstufen i, u und zu halbvocalen werden. Bei den unechten diphthongen zeigt sich die unterordnung des einen stimmlautes unter den anderen dadurch, dass der eine verkürzt, also qualitativ unvollkommener bildung ist. Die echten zweilaute sind in bezug auf silbenton immer fallend, die unechten können fallend oder steigend sein. 16. Die zahl der diphthonge kann zwar schon vom theoretischen standpunkt aus ziemlich genau berechnet werden; aber es gelangen nicht alle der denkbaren vocalverbindungen auch praktisch zur verwendung. Es ist vielmehr durch das specialklangsystem festzustellen, welche diphthonge in der gemeinschrift der einzelnen sprache vorkommen, welches die genaue aussprache eines jeden der componenten sei, ob vielleicht blosse digraphe vorhanden seien, oder ob andererseits auch einfache vocalzeichen für die aussprache diphthongischen laut haben; alles dies ergiebt sich aus einer genauen vergleichung zwischen gesprochener und geschriebener sprache. Eine untersuchung der in der deutschen sprache vorkommenden diphthonge zeigt, dass für die meisten derselben die schreibung nicht genau der aussprache entsprechend, sondern unvollkommen ist, was aber praktisch keine weiteren nachtheile hat. Ein bestimmtes abstandsverhältniss der beiden componenten eines echten zweilautes kann nicht festgesetzt werden; doch scheinen mässige, mittlere distanzen die möglichste verschmelzung beider laute am meisten zu begünstigen, weil offenbar dadurch die klangunterordnung erleichtert ist. Bei einzeluntersuchungen sind, wie bei den einfachen vocalen, so auch bei den diphthongen die historischen sprachverhältnisse von grosser bedeutung, wie nicht minder auch die quantitativen abstufungen der beiden componenten genau zu beachten sind.

Die letzten seiten der arbeit sind einem rückblick gewidmet und bringen einige gedanken über den »ausbau des systems«<.

Da die abhandlung auf einem gründlichen studium und einer gewissenhaften, allseitigen abschätzung aller einschläglichen früheren, wichtigeren arbeiten über phonetik und augenscheinlich auch auf selbstständiger beobachtung beruht, so dürfte an den gewonnenen und in den 16 thesen niedergelegtem resultate nur

wenig auszusetzen sein. Dass der verfasser dabei zu dem ergebnisse kommt, dass das deutsche system natürlicher und berechtigter ist als das englische, kann uns nur sympathisch berühren. In letzterer beziehung bietet die arbeit eine wahre fundgrube von beweisen (vgl. auch these 6 und 7). Wenn man nun noch hinzunimmt, dass die begründung der thesen (im gegensatz zu den oft recht schwerfällig, unklar und schwer verständlich geschriebenen fachschriften) in einem glatten, klaren und leichtverständlichen stile gehalten ist, so wird man es leicht erklärlich finden, wenn der unterzeichnete die in rede stehende abhandlung seinen fachgenossen auf's angelegentlichste empfiehlt.

ZWICKAU.

K. Deutschbein.

MISCELLEN.

ZU 1 K. HENRY IV, III, 1, 158.

Zu 1 K. Henry IV, III, 1, 158 habe ich die zuerst in N. and Q., June 18, 1881, p. 485 und dann in meinen Notes on Elizabethan Dramatists, 2d Ser., p. 184 seq. veröffentlichte conjectur: He held me fast last night &c. aufgestellt. Darüber, dass die stelle verderbt ist und der emendation bedarf, herrscht unter den kritikern keine meinungsverschiedenheit, desto mehr aber über die art und weise, wie die richtige lesart herzustellen ist. Dr. Brinsley Nicholson (N. and Q., Sept. 24, 1881, p. 245) hat gegen meine conjectur geltend gemacht, dass dadurch 'a cacophony and jingle, unpleasant and therefore [!] un-Shakespearean' entstehen würde. Ueber diese schlussfolgerung verliere ich kein wort; auch will ich zugeben, dass fast last ein jingle' ist, aber gerade dies jingle' ist es gewesen, was die verderbniss erzeugt hat. Der setzer dachte nur an das letzte wort (last), glaubte das vorhergehende, nur durch den anfangsbuchstaben sich davon unterscheidende fast bereits gesetzt zu haben und liess es aus. Dass dies in der that der hergang war, vermag ich jetzt durch beibringung einer ganz analogen verderbniss in einem bekannten deutschen buche so gut wie zur gewissheit zu erheben. In den Jugenderinnerungen eines alten mannes (Wilh. v. Kügelgen), 5. unveränderte auflage, Berlin, Hertz, s. 31 findet sich folgende stelle: 'Nicht weniger befremdlich war es der mutter, dass Wetzel seine würdige frau nie anders nannte als > Henne« und sein niedliches töchterchen >> Forelle«. Er dagegen behauptete, unsere gewöhnlichen taufnamen seien gar zu albern und hätten nicht die geringste bedeutung. Unter Amalie, Charlotte, Louise, Franz und Balthasar, und wie die leute alle hiessen, könne sich kein mensch was denken. Namen müssten das ding bezeichnen, gewissermassen abmalen, und wenn er seine frau nenne, so hätte jedermann damit ein treues bild ihres wesens und ihrer beschäftigungen, wie denn auch seine tochter eine veritable forelle sei.' Als ich vor kurzem diesen passus las, sagte ich mir sofort, dass zwischen 'frau' und 'nenne' das wort 'Henne' ausgefallen sei und beschloss, so weit als möglich die andern auflagen daraufhin zu vergleichen. Im neunten abdruck, den ich zuerst nachschlug, lautet die stelle genau ebenso, in der zweiten auflage (Berlin, 1870) jedoch steht richtig: 'und wenn er seine frau Henne nenne' etc. Welcher unterschied besteht nun, so weit die sache hier in betracht kommt, zwischen 'Henne nenne' und 'fast last'?

HALLE, im October 1884.

K. Elze.

ZU CYMBELINE II, 2, 49.

Eine dunkle und mehrfach (zuletzt wohl im Shakespeare-jahrbuch IV, 381) commentirte stelle in Jachimo's monolog, bevor er in die kiste zurück kriecht, sind die worte:

Swift, swift, you dragons of the night, that dawning
May bare the raven's eye!

So lesen die neueren herausgeber übereinstimmend, indem sie einer conjectur Theobald's folgend bare für das beare der alten folio-ausgabe einsetzen. Aber Theobald's conjectur ist nicht besonders glücklich. Abgesehen von der durchaus ungewöhnlichen verbindung bare somebody's eyes muss es doch sehr seltsam erscheinen, dass Jachimo, der den tag herbeisehnt, gerade den raben aufgeweckt haben will. Sonst wird in solchem zusammenhange die lerche genannt. Der rabe aber (vgl. das compos. nightraven) gilt ja gerade als unheilsvogel, und als attribut, als symbol der nacht, so z. b. in Marlowe's Jew of Malta II, 1:

Und ebenda:

Thus like the sad presaging raven, that

in the shadow of the silent night Doth shake contagion from her sable wings.

Now Phoebus ope the eyelids of the day,

And for the raven wake the morning lark!

In der letzteren stelle wird die lerche als morgenverkündigerin geradezu dem raben entgegengesetzt. Diese stelle, die Shakespeare vielleicht vorgeschwebt hat, führt uns auch auf das richtige verständniss der unsrigen.

Jachimo kann nicht wünschen, dass dem raben, dem nächtlichen unheilsvogel, die augen geöffnet werden, im gegentheil eher, dass sie sich schliessen; denn der rabe ist der sinnbildliche ausdruck der nächtlichen gefahr, die über seinem haupte schwebt. Diese gefahr wird durch den anbruch des tages, beseitigt: das tageslicht blendet den raben. Wir erhalten den gewünschten sinn, wenn wir statt des beare der ältesten ausgabe, was natürlich unhaltbar ist, bleare oder nach neuer orthographie blear lesen, eine ebenso leichte, ja noch leichtere emendation als Theobald's. Denn es ist eher möglich, dass durch ein versehen beim druck ein buchstabe ausfiel als dass einer hinzugefügt wurde. Auch ist zu bedenken dass bear und bare zu Shakespeare's zeit noch nicht gleichlauteten, was jene verwechslung hätte erklären können. To blear somebody's eyes ist eine in älterer zeit und auch bei Shakespeare ganz gewöhnliche verbindung, z. b. in Taming of the Shrew V, I, 120: while counterfeit supposes blear'd thine eyne.

KIEL.

G. Sarrazin.

BEMERKUNGEN ZU: A PENIWORD OF WITTE.
(Engl. stud. VII, 111 ff.)

1. Zu Kölbing's bibliographischen nachweisen ist hinzuzufügen, dass sich bei Hazlitt Remains of the Early Popular Poetry of England I, 193 ff. ein abdruck von C unter gelegentlicher benützung von H und hinweisung auf A findet.

Ueber A hat Hazlitt eine seltsame ansicht geäussert: 'I am half inclined to suspect that a portion, at least, of the Auchinleck copy was a forgery of the seventeenth century'. Zu einer solchen verdächtigung ist nicht der geringste grund vorhanden.

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Kölbing bemerkt: 'für dede würde man eher sede erwarten'. Ich kann dem nicht beistimmen: es scheint mir vollständig in der ordnung, dass nicht etwa bloss die worte, sondern das ganze benehmen des kaufmanns gegen seine frau als thöricht bezeichnet wird. Auf die directe rede ist man schon durch to scorn he bigan genügend vorbereitet, so dass man ein verbum des sagens durchaus nicht vermisst. 3. Vers 39. Die eigentlichen worte des kaufmanns an seine frau lauten:

'Dame, hastow pe bipouzt,

What juwels pou wilt haue bougt?

zif pou wilt haue ani for me,

þou most me reche gode monę.'

Kölbing findet for me auffällig und will for pe dafür schreiben. Stoffel dagegen, Engl. stud. VII, 386, möchte lieber fro me lesen. Gegen den letzteren vorschlag habe ich zunächst das bedenken geltend zu machen, ob sich aus der ersten hälfte des 14. jahrhunderts haue fro = haue of (Mätzner II 2, 246 f.) belegen lasse. Aber, selbst wenn diese construction für jene zeit nachgewiesen werden sollte, würde gegen die vorgeschlagene änderung die erwägung sprechen, dass der kaufmann, da es sich doch um juwelen handelt, die er selbst erst jenseits des meeres für das ihm zu diesem zwecke mitgegebene geld kaufen müsste, nicht gut sagen kann: >>Wenn du juwelen von mir haben willst.« Da er vorher seine frau fragt: »Hast du dir überlegt, was für. juwelen du dir kaufen lassen willst ?«< und verlangt, dass sie ihm geld darauf geben solle, so kann er sich nur als unterhändler anbieten und also etwa sagen: »Wenn du dir irgend welche juwelen durch mich besorgen lassen willst.<< Kölbing's for pe scheint mir allerdings auch nicht annehmbar: es wäre ganz überflüssig. Für wen denn sonst sollte die frau die juwelen haben wollen? In vers 32 der zweiten version heisst es zwar þat y myzt pe bye some ryche drewre: hier ist pe natürlich nothwendig. Was aber hier durch die hinzufügung von pe ausgedrückt wird, liegt an unserer stelle schon in pou wilt haue. Ich bin der entschiedenen ansicht, dass vers 39 in der handschrift ganz richtig überliefert ist, und dass wir es nur mit einer eigenthümlichen function der präposition for zu thun haben, die sich auch sonst nachweisen lässt. Man vergleiche die folgenden stellen, an denen zum theil synonyma für for in den varianten zeigen, wie dieses zu verstehen sei. Barbour's Bruce 5, 52 (Uebungsbuch 3 XXXI s. 100) fragt der könig zornig: 'Tratour, quhy maid pou on pe fyre?', und der angeredete anwortet v. 54: þat fyre was neuir maid on for me: Hart's ausgabe aber bietet through me für for me. Ferner Thomas of Erceldoune (ed. Brandl) v. 295: For alle pe golde, pat ever may bee, pou bese never betrayede for mee; eine handschrift hat by statt for. Ebenda v. 40: If i solde sytt to domes daye. , alle hir araye Never bese discryved for me. E. Kölbing, Englische studien. VIII. 3.

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