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lehrten notizen weniger beschränken müssen, so würde ich den hinweis auf das altsächsische wrîtan, zerreissen, verwunden, schreiben (ahd. rizan, einritzen, schreiben), wie auch au das gothische writs, strich, punkt nicht unterlassen haben.

Dass dem ungelehrten Engländer die ursprüngliche bedeutsamkeit des wortes diligence noch irgendwie zum bewusstsein komme, habe ich nicht im entferntesten angedeutet. Ich spreche ja nur von dem lateinischen worte diligentia und füge diligence einfach desshalb bei, weil es mir um den deutschen und englischen wortschatz zu thun ist. Ueber die verschiedene art, wie die genuinen gebilde der stammsprache und die aus der fremde entlehnten sprachproducte auf die heutige sprachempfindung wirken, habe ich ja bereits s. 71 f. gesprochen. Eingehender handele ich hiervon in den Neuen jahrbüchern für phil. u. päd. 1884. II, s. 75-79. Es handelt sich dabei nicht sowohl um die geläufigkeit und gangbarkeit eines wortes, als um die durchsichtigkeit, volksthümliche und packende kraft desselben, die auf dem bewusstsein seiner ursprünglichen bedeutsamkeit beruht. In diesem sinne sagte ich ganz mit recht: »Auch dem gebildeten Engländer muss handbook, handbuch, gewissermassen mehr sagen als das synonym manual. Die auslassungeu englischer philologen, wie eines Bosworth u. a., lassen über diesen punkt keinen zweifel. Man vergleiche auch feeling und sentiment, anger und ire, calling und vocation, bloody und sanguine, upright und sincere. Uns Deutschen ist musik« viel geläufiger als >tonkunst. Trotzdem sagt uns das letztere wort mehr. Es kommt also ganz darauf an, wie man den ausdruck »populär und vielsagend« versteht. Handbook ist ebenso wenig populär als etwa »tonkunst oder fernschreiber« (telegraph), und doch ist es sprechender und bedeutsamer als das dem angestammten sächsischen sprachgute fernstehende manual.

Auf das lebhafteste wünsche ich, in meinen sprachphilosophischen betrachtungen alles das berichtigen zu können, was vor dem forum einer gewissenhaften, nüchternen lexikologie nicht bestehen kann, und hoffe in dieser beziehung auf die unterstützung der berufsgenossen. Wer meine schrift und meine oben erwähnten abhandlungen liest, wird sich überzeugen, dass ich mit lust und liebe über die ästhetische und ethische seite des wortschatzes geschrieben habe, über einen gegenstand, der nicht blos in völkerpsychologischer und vaterländischer beziehung, sondern auch mit rücksicht auf einen geistbildenden unterricht bedeutsam ist. ESSEN, september 1884.

O. Kares.

ERWIDERUNG.

In den Englischen studien band VII, seite 381 f. hat herr Sarrazin meine programmbeilage recensirt.

Von meinen zusätzen zu den femininen der a-declination seite 4 hat er zeile 1-6 und zeile 8 ausgeschrieben. Aber zeile 7 hat er ausgelassen. Warum? Zeile 7 lautet: Nach Paul's vermuthung ist die genetivform in den dativ eingedrungen. Die erläuterungen in zeile 2, 4, 5, 8 verdanke ich ebenfalls Paul. Sonderbar, dass der herr recensent in zeile 2 und 4 ausrufezeichen anbringt!

Ueber die urgermanischen grundformen (zeile 1, 3, 6) wird es wohl immer verschiedene meinungen geben.

KARLSRUHE, den 29. juli 1884.

Emil Eisenlohr.

GEGENÄUSSERUNG DES RECENSENTEN.

Herr Eisenlohr hat die ausrufungszeichen in meinem referat noch nicht verstanden; ich bin daher genöthigt, auseinander zu setzen, was ich an seinen ausführungen erstaunlich finde, und muss die übrigen leser dieses blattes um entschuldigung bitten, dass ich auf so elementare dinge eingehe.

Also die form cwêne (1) gehört nicht in ein paradigma der â-declination, weil cwên ein i-stamm ist, wie schon aus dem umlaut und der vergleichung mit got. qêns zu ersehen (vgl. Sievers, Ags. gr. § 269).

Ferner, »dem gotischen giba entspricht« nicht »>lufu«, vielmehr entspricht dem ags. lufu ein got. (brôpra-) lubô, ein schwaches fem., wie denn auch im Ags. die cas. obl. zu lufu regelmässig auf -an ausgehen (vgl. J. Platt, Anglia VI, 176, Sievers in Paul & Braune's Beitr. IX, 246).

Ob wir in all den nominativen auf -u der kurzsilbigen schwachen fem., die Platt und Sievers aufführen, einen übertritt in die â-declination zu sehen haben, oder vielmehr die lautgesetzliche entwickelung des tieftonigen -ô (vgl. ags. weorud, weotud), darüber kann man streitig sein; jedenfalls gehört lufu nicht in ein paradigma der â-declination.

Herr Eisenlohr macht ferner zum nom. sing. der femin. â-declination die lakonische bemerkung: »Die grundform endigt auf ô. Das s ist abgefallen.<< Ich möchte wissen, in welcher sprache des idg. stammes herr Eisenlohr jenes s gefunden hat, das im Ags. oder Urgerm. abgefallen sein soll.

Durchaus unrichtig ist es, zu sagen: »dem gothischen ô entspricht westgermanisch a.<< Herr Eisenlohr meint wahrscheinlich nur die vocale der flexionssilben ; aber auch in dieser beschränkung ist der satz falsch, wie ein flüchtiger blick auf die ahd. declinations- und conjugationsformen lehren kann. Herr Eisenlohr beruft sich bei diesen und anderen »>erläuterungen« auf Paul, ohne bestimmte stellen aus dessen schriften anzuführen, so dass es unmöglich ist, zu controliren, was und in welcher weise er Paul missverstanden hat.

Ueber die urgermanischen grundformen wird es allerdings wohl immer verschiedene meinungen geben, aber über solche halb gothische, halb angelsächsische grundformen wie säcc-ôs, *säcc-ai, die herr Eisenlohr aufstellt, wird es wohl nur eine meinung geben (abgesehen von der des herrn Eisenlohr), nämlich dass es monstra sind, die nie existirt haben können.

Herr Eisenlohr macht es mir endlich zum vorwurf, dass ich in dem ausgehobenen passus einen satz, worin er eine vermuthung von Paul angiebt, weggelassen habe. Der vorwurf würde mich treffen, wenn der satz zum verständniss des vorhergehenden oder folgenden beitrüge, oder wenn er einen eigenen gedanken enthielte. Keins von beiden ist aber der fall. Wenn es indessen das gemüth des herrn Eisenlohr beruhigt, will ich gern zugestehen, dass wenigstens dieser satz nichts unrichtiges oder widersinniges ausspricht.

LEIPE b. DAMBRAU, 10. august 1884.

G. Sarrazin.

ZU: ENGLISCHE STUDIEN VIII p. 66.

Mit bezug auf bad erlaube ich mir auf das part. prät. gebædd, Alfred's WestSaxon Version of Gregory's Pastoral Care, ed. H. Sweet, p. 251 13 aufmerksam zu machen.

TINIVERSITY OF CINCINNATI.

J. M. Hart.

EINE CORRESPONDENZ

ZWISCHEN HERRN DR. EDUARD ENGEL UND DEN VERLEGERN DER ENGLISCHEN STUDIEN.

Die besprechung von dr. E. Engel's Geschichte der englischen litteratur, in diesem blatte, VIII p. 186 ff., hat den anlass gegeben zu der folgenden correspondenz zwischen ihm und den verlegern der Englischen studien, welche für die kenntniss der stellung, welche herr Engel sich selbst in der gelehrten welt zuweist, ebensowohl wie der anschauungen, welche in gewissen kreisen noch heute über den werth philologischer arbeit herrschen, von einigem interesse ist; nur aus diesem grunde erlaube ich mir, mit zustimmung der verlagshandlung, die folgenden documente hier vorzulegen. Wesshalb ich mich einer epikrisis durchaus enthalte, wird der einsichtige leser sich selbst sagen.

1) Herr dr. Engel an die verlagshandlung:

Sehr geehrter herr !

E. K.

BERLIN, W., 8./IX. 84.

Sie haben die freundlichkeit gehabt, mir ein heft Ihrer »>Engl. studien<< zu senden, wahrscheinlich um mir kenntniss von der darin enthaltenen kritik eines gewissen Kölbing über meine Geschichte der engl. litt.« zu geben. Ich habe nur die erste seite dieser kritik gelesen und meine längst gehegte ansicht bestätigt gefunden: nämlich dass es keine ungeeigneteren kritiker litterarhistorischer bücher giebt als philologen (als solchen habe ich herrn Kölbing hin und wieder nennen hören, ohne zu wissen, was er denn eigentlich besonderes geleistet hat). Ein philologe, nur ein solcher, glaubt kritik zu üben, wenn er mir vorwirft, die oder die ausgabe eines buches nicht zu citiren. Er hat natürlich keine ahnung davon, dass es mir nie eingefallen ist, mit ihm oder einem der andern vom staate patentirten und bezahlten »forscher« zu concurriren, deren hauptkenntniss sich auf alle ausgaben, alle kommata und fliegenflecke in den manuscripten beschränkt und die mit all ihrer gelehrsamkeit weder die wissenschaft noch die kenntniss der litteratur beim gebildeten publicum um eine handbreit fördern.

Solche leute wie herr Kölbing sind ja einfach meine tagelöhner, meine handlanger; die sind dazu da und werden vom staate dafür ziemlich gut bezahlt, dass sie den wirklichen arbeitern, welche in der litteratur noch etwas anderes als textvergleichung sehen, die besten, bequemsten ausgaben herstellen; dafür citiren wir sie wohl einmal in einer fussnote, aber im übrigen nehmen wir, das publicum und die wissenschaft gar keine notiz von ihnen. Sonst käme es dahin, dass diese professoren sich am ende für schriftsteller, für litteraturforscher hielten, und da sei gott vor! Sie waren, sind und werden sein abschreiber und emendatoren von handschriften, welche der staat bezahlt, damit die nützlichen leute, welche keine zeit zum mückenseihen haben, ihre arbeiten verwenden können.

Ihnen aber nochmals dank für Ihre gewiss in freundlicher absicht geschehene übersendung der »kritik« eines dieser steineklopfer der wissenschaft.

2) Antwort der verlagshandlung:

Geehrter herr !

Hochachtungsvollst etc.

Auf Ihr schreiben vom 8. d., soweit uns angehend, erwidern wir, dass die zusendung von recensions-belegen ein ziemlich allgemein, nicht nur von uns ge

übter gebrauch ist, wobei sich selbstverständlich kein verleger einer zeitung oder zeitschrift um den inhalt der recensionen kümmert. Als bekannt dürfen wir voraussetzen, dass sachliche berichtigungen auch in den Engl. studien bereitwillig aufnahme finden, ein autor somit für etwa ihm nöthig scheinende meinungsäusserung nicht auf correspondenz mit dem verleger der zeitschrift angewiesen ist. Wir haben Ihr schreiben als zum grössten theil uns nicht betreffend an herrn prof. Kölbing übergeben.

HEILBRONN, 20./IX. 1884.

3) Herr dr. Engel an die verlagshandlung :

Hochachtungsvoll etc.

BERLIN, W., 22./IX. 84.

Hochgeehrter herr!

Dass ein verleger einer zeitschrift eine recension direct an den autor schickt, ist nach meinen erfahrungen ungewöhnlich, aber natürlich sah ich darin ganz offen gesprochen danke.

nichts als eine freundlichkeit Ihrerseits, für die ich Ihnen

Herrn Kölbing eine sachliche berichtigung zuzusenden, fällt mir gar nicht ein. Als ich auf eine stelle seiner sogenannten kritik stiess, worin er mir vorwirft, diese ausgabe eines buches zu citiren und nicht jene, da hörte ich auf zu lesen, denn nun wusste ich, was ich vor mir hatte: schulmeister-kritik. Ich kann herrn Kölbing gar keine sachliche berichtigung schreiben, weil ich prinzipiell auf dem standpunkt stehe, dass philologen, namentlich philologische universitätsprofessoren gar kein recht und keine befähigung zur kritik eines buches haben, welches ästhetische, nicht philologische betrachtungen enthält. Wir litterarhistoriker bedienen uns der philologen, damit sie uns die besten ausgaben aller dichter zusammenstellen (wozu nichts als copistentalent gehört), im übrigen haben sie weder für uns noch für das publicum einen werth. Sie sind die steinklopfer, welche die chausseesteine klopfen, damit wir nachher gemächlicher fahren können. Ein solcher in seiner art nützlicher handlanger mag nachher am wege stehen und mir zurufen, dass ich einen zoll mehr nach links oder einen mehr nach rechts fahren solle, weil dieses steinchen weicher, jenes härter sei, werde ich darum mich mit diesem steineklopfer in ein gespräch über die kunst des wagenlenkens einlassen?

Nein, diese art der kritik mag ruhig in den philologen-blättern weiter geübt werden sie geht weder das publicum noch die schriftsteller etwas an.

Nur noch eine bemerkung, die Sie als tüchtiger und sachkundiger verleger zu würdigen wissen werden: Wie kommt es, dass noch nie einer dieser philologieprofessoren es fertig gebracht hat, eine lesbare geschichte der litteratur eines volkes zu schreiben?! Es giebt ein vortreffliches buch von ten Brink, welches die englische litteratur behandelt; es ist bis zu Chaucer (exclusive) gediehen und dabei so stark wie mein buch, welches bis 1883 reicht. Diese bände über ein jahrhundert zu schreiben, das ist keine kunst, das bringt auch ein professor zur noth fertig; aber das publicum braucht anderes.

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Wenn mein buch weiter keine fehler enthält, als die von herrn Kölbing monirten, so wäre ich zufrieden; ich fürchte nur, es enthält noch ganz andere.

In aufrichtiger hochschätzung etc.

Pierer'sche Hofbuchdruckerei. Stephan Geibel & Co. in Altenburg.

KLEINE PUBLICATIONEN AUS DER

AUCHINLECK-HS.

IV.

Die Assumptio Mariae in der schweifreimstrophe.

Von den mittelenglischen bearbeitungen der sage von Mariae himmelfahrt hat bisher nur eine sich grösserer beachtung zu erfreuen gehabt; es ist die in kurzen reimpaaren gedichtete version, welche Rawson Lumby (King Horn, with fragments of Floriz and Blauncheflur etc. London 1866) zuerst nach zwei hss. herausgegeben hat. Dieselbe ist augenscheinlich sehr beliebt gewesen, denn F. Gierth kennt in seiner abhandlung (Ueber die älteste mittelenglische version der Assumptio Mariae, Engl. stud. VII, s. 1-33) nicht weniger wie 6 hss. und 3 überarbeitungen aus späterer zeit. Zu den letzteren möchte ich auch eine bisher ganz übersehene fassung rechnen, welche in hs. 8009 der Chetam Library in Manchester enthalten ist, und auf welche ich im anhange zu dieser abhandlung zurückzukommen denke. Ein zweite version, enthalten in der berühmten Auchinleckhs. in Edinburgh (zuletzt beschrieben von E. Kölbing, Engl. stud. VII, p. 177 ff.) fol. 720_78a, ist in der sechszeiligen schweifreimstrophe abgefasst; eine stanze daraus ist abgedruckt in Walter Scott's beschreibung der Auchinleck-hs. (ausgabe des Sir Tristrem, Edinburgh 1839 p. 114 f.); ten Brink (Geschichte der englischen litteratur, bd. I p. 333) erwähnt sie als eine der wenigen legenden, welche in rimes couees gedichtet worden sei. Weiteres war von derselben bisher nicht bekannt; eine sorgfältige copie verdanke ich herrn prof. Kölbing.

Eine dritte übertragung endlich findet sich als integrirender theil der grossen südenglischen legendensammlung, welche C. Horstmann nach einer anzahl hss. für die Early English Text Society ediren wird. Inzwischen hat er die güte gehabt, mir seine abschrift von MS. Bodl. no. 779 zur verfügung zu stellen; auch über sie soll im anhang kurz gehandelt werden.

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