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760 Kanishka 400 nach Buddha setzen, also nach | unserer Rechnung etwa 73 vor Chr., die Mongolen nur 300, die ceylonesischen Buddhisten ihren Nâgasena dagegen 500. Über Kanishka verweise ich auf den Art. Indien und bemerke hier, dass es mir höchst wahrscheinlich ist, dass die letzte Angabe bis etwa auf wenige Jahre richtig ist. Dass bei Kalhana hier eine Verwechslung eingetreten sei, ist so gut wie gewiss. Die tibetanischen Quellen werden uns wahrscheinlich genauen Aufschluss geben. Wo Kalhana die Nachrichten über Kanishka und Nâgârjuna fand, war wahrscheinlich von der unter jenem statt gefundenen Anordnung der buddhistischen Schriften die Rede, bei der dieser wohl thätig war, und angegeben, dass sie 150 Jahre später statt fand, als eine frühere. Diese Angabe hätte Kalhana für „nach Buddhas Tod" genommen. Wäre mit dieser frühern die unter Açoka gemeint und diese hier in Übereinstimmung mit den ceylonesischen Berichten 236 nach Buddha gesetzt, dann kämen die 150 hinzu gerechnet, fast 400 für Kanishka heraus. Doch bleiben hierbei einige Schwierigkeiten.

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Über den letzten König dieser 52, Abhimanyu weiss ich nichts zu bemerken.

Diese 52 Könige haben nach der Kâlasamkhyâ (Zeitzählung) 1266 geherrscht, heisst es I, 54. Hier will ich zuerst wieder auf Kalhaṇas Nachlässigkeit aufmerksam machen, der ruhig die drei Turushkas unter die 52 Könige stellt, zu denen sie gar nicht gehören, aber die Anzahl der Regierungsjahre nicht mehrt. Wahrscheinlich fand er die Dauer der TurushkaHerrschaft nicht angegeben, ohne dies zu bemerken. |

Was aber nun die Zahl 1266 betrifft, so ist sie durch das Wort Kâlasamkhyâ vielleicht hinlänglich bezeichnet. Sie mag auf einem ähnlichen Räsonnement beruhen, wie Kalhanas Annahme, dass von dem K. Y. bis auf Gonarda I. 653 Jahre verflossen seien. Doch mag man genauern Aufschluss noch aus tibetanischen Berichten vielleicht erhoffen. Eine Combination habe ich in petto; allein es ist mir zufällig die sie begünstigende Stelle jetzt nicht zugänglich.

Ehe wir diese schon über die Maassen angewachsene Anzeige schliessen, wollen wir nur noch einen Punct betrachten, da er auf manches für die Beurtheilung des Kalhana Wichtige ein Licht wirft. II, 5 heisst es: darauf wurde aus einem

andern Lande Pratâpâditya herbei gerufen, ein Verwandter des Vikramaditya und hier gesalbt. Dann im folgenden Slokas:

çakârir vikramaditya iti sambhramam âçritaiḥ anyair atrânyathalekhi visamvadi kadarthitam. Dies übersetzt Hr Troyer: D'autres, induits en erreur, ont écrit que ce Vicramâditya fut le même qui combattit les Çakas; mais cette version est rejetée. Diese Übersetzung ist augenscheinlich falsch, allein die Stelle scheint auch in critischer Beziehung einer kleinen Nachhülfe zu bedürfen. Visamvadi, welches wie der Sinn des Ganzen zeigt, seinen etymologischen Bestandtheilen nach hier übersetzt werden muss: dis-con-sensus, Nichtübereinstimmung ist nicht belegt, wohl aber samvada. Auf jeden Fall, mag man nun jenes oder dieses aufnehmen, muss samvâdiḥ, oder samvadaḥ geschrieben werden. Wörtlich übersetzt heisst es: Çacârum hostis Vicramaditjas (est) ita ab errantibus; ab aliis aliter hic scriptum est: dissensus malum (est). Wir sehen also, dass Kalhanas keineswegs hier sehr sicher ist, wenn er die Ansicht, dass der Sakerfeind Vikramâditya gemeint sei, für einen Irrthum erklärt; es geschieht dies nur dem von ihm adoptierten chronologischen Systeme zu Liebe, welches Pratâpâditya noch 111 Jahre vor Vikramâdityas Aera (seit 56 v. Chr.) ansetzt. Übrigens bemerkt er sonst auch widersprechende Nachrichten, z. B. I, 319 und selbst für sehr späte Zeit (um 942 n. Chr., also nur etwa 200 Jahre vor seiner eigenen Zeit) VI, 112.

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Dass unserer Ansicht nach Kalhanas Geschichte erst in der 6. Periode, um 800 nach Chr., wo auch die Rechnung nach dem kaschmirschen Cyclus beginnt, sicherer wird, ist schon angedeutet. Allein auch die früheren Partien enthalten viel Historisches, z. B. insbesondere in Bezug auf die Geschichte des Buddhismus. Dieses muss aber von Kalhanas chronologischem Systeme abgelöst | und durch umsichtige und 763 kenntnisreiche Combination gleichsam heraus gefischt werden.

IV.

Mémoires de l'Académie Impériale des Sciences de St. Petersbourg. VIme Série. Sciences Politiques, Histoire, Philologie. Tome Septième; 1-3. Livraison; contenu: M. Böhtlingk: Ein erster Versuch über den Accent im Sanskrit (1ste Lief. S. 1-114); Derselbe: Die Declination im Sanskrit (2te Lief. S. 115-212); Derselbe: Die Unâdi-Affixe (3te Lief. S. 213-370). 4. St. Petersbourg; Imprimerie de l'Académie. 1843. 1844.

(Hallesche) Allgemeine Literatur-Zeitung, Mai 1845, No. 113-118, S. 897.

Der, durch seine Ausgabe des Pânini und andre litterarische Verdienste um tieferes Studium des Sanskrit, rühmlichst bekannte Hr Vf. der anzuzeigenden drei Abhandlungen erwirbt sich insbesondere durch die erste den Dank nicht nur aller eigentlichen Sanskritbeflissenen, sondern überhaupt aller Linguisten. Denn wie die Kenntniss des grammatischen Baus des Sanskrit so wesentlich zur tiefern Erfassung aller verwandten Sprachen und der Sprachgesetze im Allgemeinen beigetragen hat, so scheint auch die hier vom Hrn Vf. zuerst in umfassenderer Gestalt dargelegte Accent-Lehre des Sanskrits für die Erkenntniss des Wesens und der Geschichte des Accents, der sanskritverwandten Sprachen insbesondere, von der grössten Bedeutung werden zu wollen. Ihre Wichtigkeit für das Sanskrit in specie bedarf im Allgemeinen keiner Erörterung. Accent ist die Seele der Sprache; durch seine Kenntniss wird erst eine treuere phonetische Reproduction derselben möglich. Aber er waltet auch als ganz eigentlicher Gestalter des Sprachkörpers. Darum wird uns durch ihn erst eine tiefere Einsicht in den Sprachbau verschafft. Diese Behauptung wird sich erst dann in ihrem ganzen Rechte erweisen, wenn alle Theile der Sanskrit -Grammatik mit Rücksicht auf die Accentlehre bearbeitet sind; aber schon jetzt kann man erkennen, dass 898 eine überaus grosse, ja | fast die grösste Anzahl auffallenderer formativer Erscheinungen im Sanskrit dem Accent ihre Entstehung verdanken; so z. B. der bei weitem grösste Theil dessen, was die Inder Samprasarana nennen (Contraction von y, v, r, mit einem Vokal in i, u, r und 1 z. B. von tri tṛtiya den Acutus (udâtta) mit unserm Acut ('), den Svarita mit unserm Gravis (). Tonlosigkeit bleibt unbezeichnet; anudâtta

1 Ich bezeichne

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(Affix tiya, Accent nach Pân. III, 1, 3, bestätigt durch die Accentuation im Sâma-Veda II, 1, 19-5, 1-I, 1, 7, 3 — II, 11, 13, vergl. dvitiya I, 1, 4, 2; turiya II, 5, 11; hier ist durch den hinter die Sylbe tri fallenden Accent die Abschwächung von ri in herbeigeführt; aus demselben Grunde wird aus vac uktá, uktávat; aus svap suptá, suptávat; aus yaj ishṭá u. s. w.; vap uptá, vah ûḍhá, çvi çûná, jyâ jînávat jejîyáte (Intens.), vyadh vevidhyáte, vaç uçmás (dieses ist von Hrn B. unrichtig accentuirt), vyac vevicyáte, vraçc vṛkná u. s. w., vac uvấca ûcátus u. s. w., vye vevîyáte, pyây pipyé u. m.). Der Accent erklärt ferner den Ab- und Ausfall von wurzelhaftem a, z. B. ásmi, ási, ásti; dagegen (aus asvás) svás u. s. w.; hánmi ghnánti (aus hanánti), jagama jagmús. Der Accent erklärt ferner die Schwächung von â zu i, z. B. sthâ sthitá, sthirá (Hr B. Ind. zur 3. Abh. und Sâma-V. I, 3, 1, 7 — 2, 44, 10 II, 1, 14, griech. otató), dhâ dhitá (Vd.), hitá (dɛtó); ebenso pâ pitṛ (B. Ind. zu I, III, SV. oft) naτéρ; çâs çishám (Aor. VI ohne Augm.) 2. Umgekehrt steht auch die Verstärkung vielfach schon nachweislich mit dem Accent in Verbindung; so hat, wie wir weiterhin sehen werden, in den Specialtemporibus des Verb. der gunirte Vokal (ausser bei vortretendem Augment) stets den Accent z. B. bódhâmi, dvéshmi, tanómi, yunájmi u. s. w., dagegen dvishvás, yuñjvás u. s. w.3 Die 6te Conj. Cl. hat keinen Guna, weil sie den Accent stets auf dem Classenzeichen hat: tudami, tudavas u. s. w.

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Von höchster Bedeutung ist die Sanskrit-Accentlehre ferner 905 für die Sprachvergleichung; erst durch sie wird uns das gegenseitige Verhältniss vieler Formen klar, z. B. griech. op-vo-μ zu sskr. r-nó-mi (aufregen, Vedawort); im Griechischen ist. r gunirt, weil es den Accent hat; im Sanskrit aus demselben Grund u. Ferner war es kein Zweifel, dass griech. ós (nús Nom.) dem sskr. ushás (fem. ushas Nom.) entsprach; die genauere Vermittelung ist aber erst jetzt möglich. Ushás ist nämlich von der Wurzel vas mit der Bed., in welcher sie in vas-tar, vivasvat, vâsa Tag (RV. I. hymn. 34, 1) erscheint, ab

werde ich, wo nothwendig, was selten der Fall sein wird, mit dem indischen Zeichen, (-) unter der Sylbe, bezeichnen.

1 Über die von mir abgeschriebene Accentuation des Sâma-Veda s. weiterhin genauere Mittheilungen.

2 [Auch im Lat.: eminere, prominere Vmâ.]

3 [Perf. λελοιπα.]

zuleiten durch Suff. as, also eig. vas-ás, welches mit durch den Acc. herbeigeführtem Samprasâraṇa ush-ás ward; die griech. Form schliesst sich an die organischere Gestalt zunächst aeol. avos (für avoos, vgl. lat. Aurora = ved. ushấsâ für org. vasása) u. S. W. Die Oxytonirung von ushas betreffend vergl. B. Ind. zu III; im SV. kommt das Wort sehr oft vor.

Endlich und ganz vorzüglich ist die indische Accentlehre vom Standpunkt der allgemeinen Sprachwissenschaft von der grössten Wichtigkeit. Auf einzelnes in dieser Beziehung schon jetzt eingehen zu wollen, würde vorzeitig sein. Beiläufig bemerke ich nur, dass niemand, der den Sanskrit - Accent mit dem Griechischen vergleicht, auf den Einfall gerathen wird, den letzteren, wie Herr Rapp (Versuch einer Physiologie der Sprache I, 178) für eine relativ sehr späte Erscheinung zu 906 halten. Trotz | Abweichungen im Allgemeinen (z. B. dass im Sanskrit die Quantität keinen Einfluss auf den Accent hat) und im Einzelnen, welche, so viel ich ahne, die Geschichte des Accentes ohne sonderliche Schwierigkeit wird erklären können, ist doch die Übereinstimmung im Ganzen so gross und schlagend, dass man nicht umhin kann, anzunehmen, dass die Accentuation der Sanskritsprachen schon vor deren Trennung im Wesentlichen fixirt gewesen ist; ich erwähne nur z. B. die Accentuation der Flexionssylbe einsylbiger Nomina, z. B. griech. vau vaós, sskr. naú nâvás, synkopirter Nomina z. B. паτýρ паτрós, sskr. pitä pitrós (Dual); Vorziehung des Accents auf die Stammsylbe (von der sie im Griechischen nur kraft der Quantität des ganzen Worts bisweilen zurückgehalten wird) in den Comparativen und Superlativen auf îyas (griech. ɩov) ishtha (Loto), z. B. svâdú (†òó), svấdîyas (ýdlov), svadishṭha (ἥδιστο). (LOTO). Interessanter noch ist die folgende anomale Übereinstimmung. Denn, wie ich schon sonst bemerkt, ist es mehr die Übereinstimmung im Anomalen als Normalen, welche die älteste Geschichte der Sprachen zu zeichnen möglich macht. Während Sskr. und Griech. übereinstimmend páñcan пévτε, návan évvéa, dáçan déxa paroxytoniren, ist saptan, wie griech.

1 Vgl. auch Westergaard Rdd. s. ush, wo jedoch zu bemerken, dass das vedische ucch nicht geradezu bei ush substituirt werden darf, da ush nach der 1. Kl. geht óshâmi u. s. w., ucch aber in allen mir bis jetzt vorgekommenen Fällen nach der 6. ucchẩmi u. s. w.; vgl. übrigens auch West. s. ucch. Die Erklärung der Vedenscholien werde ich an einem andern Orte mittheilen.

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