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für grammatische Studien durch das Mittelalter hin in die neuere Zeit hinüber zu erhalten, wozu jedoch bei weitem mehr die Nothwendigkeit die klassischen und weiterhin auch die orientalischen Sprachen zu erlernen beitrug, so ist hier doch ganz irrig auf die griech. Grammatik übertragen, was vielmehr dem Geist der freien philosophischen Forschung zuzuschreiben ist, für welchen die moderne Cultur in der That wesentlich den Griechen verpflichtet ist. Was die Arbeiten der griechischen Grammatiker und die, welche sich daran schliessen, betrifft, so haben sie und würden sie nimmermehr zu der Sprachwissenschaft geführt haben, welche unzweifelhaft zu den glänzendsten Eroberungen unsrer Zeit auf dem wissenschaftlichen Gebiet gehört. Diese war keinesweges bloss durch die Einführung des Sanskrits in die Reihe der europäischen Studien möglich gemacht, sondern ganz wesentlich durch die Einführung desselben in der grammatisch und lexikalisch so durchsichtigen Gestalt, welche sie fast ausnahmslos den Bemühungen der indischen Grammatiker verdankt. Die indische Grammatik 280 ist das Höchste, was vom | isolirten Standpunkt einer Sprache aus auf dem grammatischen Gebiet erreicht war; ein glückliches Schicksal war es, dass zu derselben Zeit, wo ihre Resultate in Europa anfingen bekannter zu werden, Jacob Grimm wesentlich ebenfalls vom isolirten, aber historisch erweiterten Standpunkt, seine wunderbare deutsche Grammatik schuf. Diese beiden Werke sind die Grundlagen, auf welchen die moderne Sprachwissenschaft sich zu erheben begonnen hat; und man sagt wahrlich kein Wörtchen zu viel, wenn man Pânini und Grimm als die Säulen dieses Gebäudes bezeichnet.

Zu S. 161 letzte Zeile verweise ich bezüglich des Verses aus dem Rg-Veda-Prâtiçâkhya auf diese Anzeigen 1859, St. 102. 103 S. 1023 [[o. S. 275]]; ebenso zu S. 274 bezüglich der Zeit des Nâgârjuna auf dieselben 1859, St. 62. 63 S. 616. 617 [[0. S. 254]].

S. 512 wird gewiss mit Recht vermuthet, dass der sanskritische Ausdruck für „Buch" pusta, pustaka fremd ist; allein sehr unglücklich ist die Vergleichung mit apestak, dem Namen des Avesta. Doch scheint es auch mir aus dem Persischen entlehnt. In den Keilinschriften wird „einhauen" durch das Verbum pish mit dem Präfix ni bezeichnet, woraus neupersisch

nuvishten mit der Bedeutung schreiben“ entstanden ist.

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Das Ptcp. Pf. von jenem pish lautet pishta und kommt ebenfalls in den Keilinschriften vor (s. Die persischen Keilinschriften, Glossar S. 88). Es ist nun gar nicht unwahrscheinlich, dass wie nipishta, so auch pishta ohne Präfix „eingegrabnes" und weiter wie im Persischen geschriebenes" "Schrift" bedeutet hat, und in dieser Bedeutung von den Persern zu den Indern übergegangen sei. Im Sanskrit haben aber bekanntlich die Lippenlaute p, ph, b, bh, m, v sehr häufig den Einfluss, ein hinter ihnen stehendes i in u zu verwandeln, so erscheint statt, wenn das damit geschriebene Verbal thema ein Wort wird, ir; sobald ihm aber ein Labial vorhergeht ur 1; so konnte sich auch pi in pishta in pu verwandeln; die Aussprache von sht durch st hat aber bei dem allgemein menschlichen Wechsel der Aussprache dieser Gruppe gar nichts Auffallendes, — Zu S. 516 bezüglich der Zeit, seit welcher eine umfassendere Anwendung der Schrift in Indien Statt fand, erlaube ich mir auch auf meinen Artikel Indien" a. a. O. S. 254. 276. 277 aufmerksam zu machen.

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Und somit scheiden wir von diesem eben so anregenden als lehrreichen Werke mit dem besten Danke gegen den Hrn Vf., in welchem Deutschland einen der würdigsten Repräsentanten seiner Wissenschaft auf fremdem Boden anzuerkennen hat.

XIX.

Sanskritischer Ablativ auf ursprüngliches at von Themen auf u.

Nachrichten von der Kgl. Gesellschaft d. Wissenschaften zu Göttingen, 1870, No 23, S. 490.

Ein Beispiel eines derartigen Ablativs habe ich in meiner kurzen Sanskrit-Grammatik §. 451 S. 266 gegeben, nämlich vidyót aus der Vâjasaneyi-Samhitâ XX, 2. Als Thema nahm ich *vidyú, identisch mit vidyút, „der Blitz“, wie didyú neben didyút erscheint. Die Form vidyót ist aus dem Thema vidyú + at auf dieselbe Weise entstanden, wie der gewöhnliche

1 [ist richtig, aber anders zu fassen.]

Ablativ-Genitiv der Themen auf u vermittelst der Endung as, z. B. aus vishnu vishnos, d. h., wie im Nominativ-Vokativ Pluralis z. B. vishnav-as, Dativ Sing. z. B. vishnav-e, vedischem Lokativ Sing. z. B. vishnav-i (RgV. VIII. 3, 8) und vedischem Instrumental Sing. bâháv-â von bâhú (RgV. II. 38, 2; V. 64, 2; VII. 62, 5 cf. Vârtt. 4 zu Pân. VII. 1. 39; doch stellt es das Petersb. Wtbch. unter das Thema bâháva; ein solches, aber bâhavá accentuirt, erscheint im Çatapatha-Brâhmaṇa), ist zunächst a voru eingetreten und letzteres vor der vokalisch anlautenden Endung liquidirt, also eigentlich im gewöhnlichen Ablativ-Genitiv Sing. *vishnav-as, im alten Ablativ *vidyav-at entstanden, dann aber oavao, wie z. B. in maghon-as, maghon-os, maghon-âm, maghon-î für *maghavan-as, *maghavan-os, *maghavan-âm, *maghavan-î vom Thema magha-van, zu o zusammengezogen, so dass die gebräuchlichen Formen vishnos vidyót wurden. Das auslautende ot in vidyót wird auch in den gewöhnlichen Formen des altbactrischen Ablativ Sing. regelrecht 491 (durch aot) reflectirt, z. B. von anhu Ablativ | anhaot (welchem sskr. *asot von asu entsprechen würde), von tanu tanaoț, von dusmainyu dusmainyaot, von âçu âçaot. Zu allem Überfluss entscheidet endlich die Stelle, in welcher vidyót vorkommt, dafür, dass es als Ablativ zu nehmen; sie lautet nämlich mrtyóḥ pâhi | vidyót pâhi „schütze vor Tod; schütze vor Blitz".

So unzweifelhaft demnach vidyót als Ablativ Sing. zu fassen, so ist es doch unangenehm, dass das Thema vidyú, zu welchem es gehört, bis jetzt nicht belegbar ist und es fügt sich daher sehr glücklich, dass die Taittirîya-Samhitâ in einer der Vâjas.Samh. fast ganz entsprechenden Stelle statt vidyót das Wort didyót hat, dessen Thema didyú neben dem gleichbedeutenden didyút nicht selten, auf jeden Fall eben so häufig als das letztere erscheint (s. Petersb. Wtbch. unter beiden WW.). Die Stelle findet sich I. 8. 14. 1 und lautet mṛtyór mâ pâhi didyón mâ pâhi „schütze mich vor Tod, schütze mich vor Blitz".

Bei dem Verhältniss der Taittirîya- zu der VâjasaneyiSamhitâ des Yajur-Veda ist es leider sehr zweifelhaft, ob wir in diesem didyót ein zweites Beispiel eines Ablativ Sing. eines Thema auf u sehen dürfen; es scheint eher eine Variante des vidyót in der Vâjas. - Samh. Auf jeden Fall entfernt es aber jeden denkbaren Zweifel über die einstige Bildung von Ablativen Sing. durch at aus Themen auf u im Bereiche des Sanskrit

und giebt uns demnach wohl auch das Recht vidyót, selbst wenn es an dieser Stelle nicht ursprünglich gestanden hätte, wenigstens als ein richtiges Sanskritwort anzuerkennen.

Beiläufig bemerke ich, dass didyót im Petersb. Wtbch. unter didyú nicht aufgeführt und | auch unter andern Artikeln 492 von mir nicht gefunden ist.

Schliesslich will ich nicht unterlassen, die Erklärung der indischen Commentare anzuführen, da es noch immer manche giebt, die in ihnen eine bedeutende Quelle für die Erkenntniss der vedischen Sprache erblicken zu dürfen glauben. Allein, wie in allen schwierigen Fällen, zeigen sie auch hier, wie wenig durch Tradition über diese erhalten war. Im Commentar zu der Vâjasaneyi-Samhitâ wird zwar, dem Sinne nach richtig vidyót durch den Ablativ von vidyut nämlich vidyutas glossirt, und weiterhin durch vidyutpâtât „Blitzschlag" erklärt, allein als ein aus dem Verbum dyut mit Präfix vi durch das Affix vic, das heisst ohne Affix, aber mit Guna (o für u) gebildetes Nominalthema (vidyót) betrachtet; über den Mangel des Casuszeichens wird kein Wort verloren. Die Erklärung lautet wörtlich vidyot vidyutaḥ mâm pâhi vidyotata iti vicpratyaye guna: vidyutpâtâd rakshety arthaḥ. Im Commentar zu der Taittirîya - Samh. wird didyót, trotz des Accents, als Vokativ gefasst (es müsste bekanntlich in diesem Fall den Accent auf der ersten Sylbe haben) und durch dyotanâtmaka „glänzender“ glossirt. Die Erklärung lautet he didyot dyotanâtmaka. Über die grammatische Form des Wortes wird nichts bemerkt.

XX.

Der Infinitiv im Veda mit einer Systematik des litauischen und slavischen Verbs. Dargestellt von Alfred Ludwig. Prag 1871, J. G. Calve'sche K. K. Univ.-Buchhandlung. The North British Review. October 1870 — January 1871. New Series, vol. XIV. No CVI. S. 530.

Professor Ludwig of Prague has shown himself to be a profound classical scholar, thoroughly conversant with Indian languages and philology. He is rich in ideas, happy in his

combinations, and acute and clear in exposition, and in reducing a mass of facts to their most general expression; and in any circumstances he may claim a respectful hearing from Indologists and linguists, however much they may differ from his conclusions. The title of his recent work on The Infinitive in the Veda gives no adequate idea of the task he has set himself in it. Although the consideration of the Vedic infinitive occupies a prominent place in his work, it is nevertheless by no means its leading purpose. In pursuing that purpose he goes into a great many other Vedic peculiarities of declension and conjugation; and these details are accumulated not for their own sake, but to confirm a theory, which he has set forth in previous works, concerning the origin of the Indo-Germanic inflection - a theory in direct contradiction with the generally received view of Bopp and his followers. With an energy of personal conviction which often amounts to violence, he impugns the theory that the IndoGermanic inflection was formed by agglutination (p. 1), or the putting together of successive words which were once disconnected; and he antithetically tries to show that the inflection of nouns arose from the fact that different noun-stems, which originally only indicated the general noun-sense, were by degrees appropriated to the notation of the case-sense, while the inflection of verbs arose from the fact that different expressions of a general verb-sense, which had first appeared in the infinitive form, were differentiated into expressions of verb-relations or verbal forms.

The following extracts from the work will explain this little known theory, and illustrate the author's way of applying it to particular inflective forms. With regard to the noun531 inflections, he says: | Hence it follows that the suffix, in the first stage of its existence, never modified the signification of the stem, but borrowed its signification from the stem after it had lost its own demonstrative meaning. This took place in virtue of a kind of self-adjusting balance; for naturally, while people could not think the word with the suffix to be an indivisible whole, they could not conceive its sense to depend entirely on the whole complex compound, but were obliged to consider that even what was felt to be the subordinate element still had a certain significance of its own.

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