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vorhergehenden Regel über die aspirirende Kraft nachfolgender Sibilanten einige sogar khçâ für kçâ erlaubt halten möchten, sprechen einige in dem Verbum weder kę noch khç, sondern nur khy". |

Diese Lehre bietet das reine Widerspiel zu der im Vâja- 1025 saneyi-Prâtic. 4, 164, nach welcher Gârgya ks (nicht kg, wenn hier nicht zu ändern ist) statt khy in khyâ sprach. Die zweite Regel des Stichos im Rg-Veda-Prâtiç. wird durch das Vâjas.Prât. wenigstens deutlicher; denn hier heisst es: „Gârgya (spricht) ks in (der Wurzel) khya ausser in sakhya, ukhya, mukhya". Diese Ausnahmen sind augenscheinlich die Nomina, welche im Rg-Veda-Prât. als khyâti-ähnliche bezeichnet werden, während sie Gârgya als davon abgeleitet betrachtet zu haben scheint. Wir sehen hier im RṚg-Veda-Prâtiç. einen Fortschritt sowohl in der grammatischen Erkenntniss (indem augenscheinlich die Etymologie aufgegeben ist) als gewissermassen in der Darstellung (indem die Regel generalisirt ist). Der Scholiast zum Rg-Veda-Prâtiç. gibt von diesen drei Nominibus jedoch nur das erste, | weil sowohl ukhya als mukhya nicht im Ṛg-1026 Veda (sondern erst bezüglich im Yajur-Veda und Atharvaveda) vorkommen.

Die Brauchbarkeit der vorliegenden Bearbeitung des Hrn Regnier wird nicht wenig erhöht durch die zu dem 7ten bis 9ten Kapitel gefügten alphabetischen Listen in Betreff der dehnungsfähigen Wörter (Th. II, S. 21—55), so wie den ans Ende gesetzten Index der vedischen Stellen, welche im Text und in den Noten citirt sind (Th. III, S. 241-277) und den dann folgenden Index der termini technici (Th. III. S. 277-293); den Abschluss bildet eine Übersicht des Inhalts der Kapitel (S. 294-299).

Wir können diese Anzeige nicht schliessen, ohne nochmals unsern Dank für diese im Ganzen so ausgezeichnete Arbeit und zugleich unsre Freude auszusprechen, dass wir bald von dem Hrn Verf. einer neuen Bearbeitung eines vedischen Werkes entgegensehen dürfen, in welchem uns neben der Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit, welche schon die bisherigen Leistungen desselben charakterisiren, sicherlich eine immer tiefer eindringende Forschung auf vedischem Gebiet entgegentreten wird.

XVIII.

London. Edinburgh: Williams and Norgate. Paris: B. Duprat. Leipzig: R. Hartmann 1859. A History of ancient Sanskrit Literature so far as it illustrates the primitive religion of the Brahmans. By Max Müller, M. A. Fellow of All Souls College, Oxford etc.

XIX u. 607 S. in Octav.

Götting. gel. Anzeigen, 1860, St. 26—28, S. 260.

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Das indische Volk nimmt eine der allerbedeutendsten 261 Stellen in der Geschichte ein; dies wird un-zweifelhaft durch seinen unmittelbaren Einfluss auf die östlich, nördlich und südlich von Indien gelegenen Länder und Inseln bewiesen, durch das Hineinragen der Resultate seiner Cultur tief in den Westen, durch die mannichfachen Nachrichten, welche uns in nichtindischen Werken insbesondre griechischen und chinesischen bewahrt sind; fragen wir aber: was wissen die Inder selbst von ihrer Geschichte, so werden uns statt Begebenheiten Märchen aufgetischt. In diesen und andern oft etwas historisch aussehenden Mittheilungen fehlt es nicht an Namen, die nicht selten allen Anspruch auf historische Existenz machen zu können scheinen, und bei einigen ist die historische Existenz sogar entschieden erwiesen; fragen wir aber, in welche Zeit sie die Inder versetzen, so kann man ohne Ausnahme antworten: in welche es auch sei, sicher nicht in die, in welcher sie wirklich gelebt haben. Ihre Chronologie bietet eine wahre Zahlenwelt, aber nichts als Hirngespinste, die, mit wenigen Ausnahmen, auf weiter nichts beruhen, als dem Bestreben, den Begriff der Ewigkeit durch unermüdlich fortgesetzte Multiplicationen zu veranschaulichen. Eine Litteratur tritt uns entgegen, welche, wenn man auch nur das nachweislich Verlorene mit berücksichtigt, zu der umfassendsten gehört haben muss, die je ein Volk geschaffen hat; fragen wir aber in Indien nach den Schöpfern derselben, nach der Zeit, aus welcher sie herrührt, so erhalten wir für den bedeutendsten Theil derselben die Antwort: Niemand hat ihn geschaffen; er existirt von Ewigkeit zu Ewigkeit; ja selbst für den grössten Theil wird uns kein Autor genannt und wo einer genannt wird, kann man in nicht wenigen Fällen nach

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weisen, dass die Angabe falsch ist; die Werke aber, welche man nicht für ewig auszugeben gewagt hat, werden wenigstens zu einem grossen | Theil in eine so alte Zeit hinaufgerückt, 262 dass die Falschheit der Angabe dadurch allein hinlänglich einleuchtet.

Wo eine solche Unwissenheit, Indifferenz gegen jede Geschichte, Mangel an historischem Sinn, endlich geflissentliche Fälschung uns unverholen entgegentritt, muss man billig fragen, ob man auch nur hoffen dürfe, auf solch allseitig unterminirtem Gebiet zu Ergebnissen über Geschichte, Chronologie und Litteratur zu gelangen, welche einigermassen befriedigend ausfallen möchten.

Dennoch hat occidentalische Kritik und Combination die Versuche nicht gescheut, auch auf diesem schlüpfrigen Gebiet zu festem Boden durchzudringen, und es ist keinem Zweifel zu unterwerfen, dass über viele der hieher gehörigen Punkte eine mehr oder weniger befriedigende Sicherheit oder hohe Wahrscheinlichkeit gewonnen ist. Sehen wir aber genauer zu, so ist dies fast durchweg nur dadurch geschehen, dass die indische Tradition über Bord geworfen ward, fast nur mit Hülfe ausserindischer Berichte insbesondre der schon angedeuteten chinesischen und griechischen, zu denen im Laufe der Zeit dann auch die der Araber und andrer westlicher Völker traten. Jedes Ergebniss, welches gewonnen ward, musste mit Hingabe eines Stückes indischer Überlieferung aufgewogen werden. Einzig was der Buddhismus man Kleines mit Grossem vergleichen darf Sinn der indische Protestantismus, überliefert hat, enthält etwas mehr historische Wahrheit, obgleich auch er von dem Geiste der Übertreibung und Unzuverlässigkeit, welche sich in den brahmanischen Angaben bis zu Lug und Trug gesteigert haben, nichts weniger als frei ist.

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wenn

in gewissem

Wenn aber dies das Resultat bezüglich des Verhältnisses der indischen Tradition zu der geschichtli-|chen Wahrheit für 263 die ganze Zeit ist, wo wir es durch die Controlle ausserindischer Berichte festzustellen vermögen, sind wir dann berechtigt, ein günstigeres für diejenige Zeit zu erwarten, wo uns diese Controlle fehlt? Dürfen wir wenn wir sehen, welche Gestalt die indische Geschichte von Alexander dem Grossen bis auf den heutigen Tag im indischen Geist angenommen hat

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und wie wir jedes sichre Datum, welches wir hier zu geben vermögen, fast nur fremden Berichten, oder dem Einfluss der Fremden verdanken, welche bisweilen den Lug, wo er sich festsetzen wollte, nicht aufkommen liessen - für diejenige Zeit, wo wir bloss auf indisches Material beschränkt sind, erwarten, etwas Sichres erreichen zu können? Wenn irgendwo, würde ein ungünstiges Vorurtheil gewiss hier seine Berechtigung finden. Man mag noch so geneigt sein, einer älteren Zeit einen reineren Sinn zuzuschreiben, man kann doch nicht umhin, sich sagen zu müssen, dass die Gleichgültigkeit gegen Geschichte und Wahrheit nicht auf einmal gekommen sein kann, sondern tiefere Wurzeln haben muss, welche auch in älterer Zeit, wenn vielleicht auch nicht in dem Grade, wie in spätrer, doch verderblich genug gewirkt haben müssen.

Doch alle derartige, wenn auch noch so ungünstige Vorzeichen, sind nicht im Stande, den Muth des Forschers zu lähmen, und es gibt auch in der That neben den angedeuteten abschreckenden Momenten manche aufmunternde, welche auch auf diesem Gebiet einen, wenn auch nicht sichren, doch wahrscheinlichen, wenn auch nicht in allem Einzelnen, doch im grossen Ganzen nicht ungünstigen Erfolg in Aussicht zu stellen geeignet sind.

Derjenige Theil der indischen Litteratur, welcher im Allgemeinen die grösste Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Zeit 264 vor Alexander dem Grossen anzugehö-ren, theilweis noch unter sie hinabreicht, bildet eine geistig zusammengehörige höchst umfangreiche Masse, von der sich erwarten lässt, dass die Ringe, welche ihre Unterabtheilungen, oder überhaupt die ihr angehörigen einzelnen Werke mit einander verbinden, sich der occidentalischen Kritik nicht werden entziehen können; ebenso lässt sich hoffen, dass die Principien geistiger Entwicklung, welche durch das Studium so vieler Völkergeschichten für die europäische Wissenschaft gewonnen sind, auch in ihrer Anwendung auf die Geschichte des indischen Culturlebens nicht ohne sichre Früchte bleiben und im Verein mit immer tiefer eindringendem Studium in die Masse der hieher gehörigen Schriften dem erstrebten Ziel immer näher führen werden. Eine andre Frage zwar ist, ob dies schon jetzt erwartet werden könne, wo verhältnissmässig erst so wenig von diesen Schriften bekannt und allgemeinerer Theilnahme und Controlle zugänglich

gemacht ist. Doch dieses Bedenken braucht am wenigsten diejenigen Forscher abzuhalten, ihre Ergebnisse und Ansichten in dieser Beziehung schon jetzt zu veröffentlichen, denen durch ihre Stellung im Bereich von Handschriftensammlungen die Gelegenheit geboten ist, diese Litteratur genauer und umfassender kennen zu lernen, als andre, welche diesen Vortheil entbehren, zumal da es eine bekannte Erfahrung ist, dass die Frische des ersten Eindrucks dem Geiste eine eigenthümliche Spannkraft, man möchte sagen, eine Art Ahndungsvermögen gewährt, welches Resultate und Ansichten zu gewinnen vermag, deren volle Richtigkeit erst spätere, auf vollständigeres, allgemeiner durchforschtes Material gestützte Untersuchungen erweisen. |

Dass dieses auch auf dem Gebiete der alten indischen, 265 oder, wie Andre sie nennen, vedischen Litteratur der Fall sein werde, macht schon der Umstand sehr wahrscheinlich, dass die drei Forscher, welche sich vorzugsweise auf diesem Gebiete bewegt haben Roth, Weber und der Vf. des vorliegenden Werkes wenn auch nicht in den Einzelnheiten, doch in den wesentlichen Momenten in ihren Resultaten übereinstimmen.

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Wenden wir uns nun zu dem rubricirten Werke selbst und erkennen darin zunächst einen der interessantesten und geistvollsten Beiträge zur Kunde der vedischen Culturentwicklung, würdig der Erwartungen, welche man von dem reichbegabten Schriftsteller, der sich seit so vielen Jahren fast einzig mit den Veden beschäftigt hat, hegen durfte. Reiche Kenntnisse, weiter Blick, insbesondre ein feines Gefühl für poetisches Leben machen die Darstellung zu einer anziehenden, 266 während die Fülle der Belehrungen im Ganzen und Einzelnen, welche es darbietet, einen sehr wesentlichen Fortschritt in der Weiterführung der Aufgabe, welcher es speciell gewidmet ist, belegen. Damit wollen wir jedoch keineswegs sagen, dass des Hn Verfs Resultate uns allenthalben hinlänglich begründet erscheinen, dass nicht die Zukunft Manches in einem andern Licht zeigen werde, mit einem Wort, dass wir dem Ziel dieser Forschungen sehr und in einer entscheidenden Weise nahe gebracht wären, allein das Entgegengesetzte schon bei dem jetzigen Stand der Sanskritkunde zu fordern, würde eine unbillige nur Unkenntniss dieses Standes verrathende Zumuthung sein.

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