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dass er z. B. im 2. Abschn. bei den Streitigkeiten über die Lehre von der Trinität und der Person Christi nur die Resultate früherer Arbeiten in klarer, die Hauptmomente scharf bezeichnender Uebersicht zusammenzustellen brauchte. Dagegen ist hier das augustinische System ausführlicher entwickelt, besonders nach der von Neander weniger berücksichtigten dialektischen Seite hin. Weiterhin bemerkt der Vf.:

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An dem Zusammenhange des Dogmatischen und Hierarchischen läuft die weitere Darstellung in den beiden folgenden Abschnitten fort, die zwar an Umfang gegen die beiden anderen sehr zurückstehen, aber nicht fehlen dürfen, da auch sie integrirende Bestandtheile der aus dem Inhalt der Periode sich ergebenden Totalanschauung sind." (S. V.)

Den Vortheil benutzend, den die bereits angezogene Besprechung jener 1. Abth. gewährt, begnügen wir uns die hier durchgenommenen Hauptpuncte der einzelnen Abschnitte anzuzeigen. Nach kurzer Einleitung (S, 1-5) behandelt der 1. (78) das Verhältniss des Christenthums zum Heidenthum: Die germanischen Völker und die neue christl. Welt, die geistige Macht des Heidenthums in seinem Kampfe mit dem Christenthum in der alten griechisch-römischen Welt; Augustin de civitate Dei, s. Ansicht von dem röm. Reiche und von der griech. Philosophie; der Platonismus des Synesius und Dionysius Areopag.; der Manichäismus und die Priscillianisten. Der 2. (-228) beschäftigt sich mit dem Dogma: Die theologischen (arianischen, nestorianischen, eutychianischen und monophysitischen) Streitigkeiten über die Lehre von der Trinität und der Person Christi; die Streitigkeiten über die Lehre von der Sünde und der Gnade (Pelagius und Augustin, Semipelagianismus); das Dogma überhaupt und die Lehre von der Kirche. Der 3, (262) bespricht die Hierarchie; Der Episcopat, seine Formen und Stufen und seine Entwickelung zu einem hierarchischen System, Verhältniss der Kirche zum Staat: Häupter der Kirche und des Staats, Rechtsverhältniss zwischen ihnen, Kleriker und Laien. Der 4. (320) schliesst mit dem christl. Cultus und dem christl.-sittlichen Leben: der Cultus, der sittliche Charakter der Zeit überhaupt, das Mönchsleben; die Reformversuche der Gegner der kirchlichen Richtung (Aërius, Jovinian, Vigilantius). Ein Personen- und Sachregister (326) macht den völligen Schluss.

[3] Der Glaube, sein Grund und Gegenstand, seine Bedeutung für Erkennen, Leben und Kirche. Von Dr. ph. Jul. Köstlin, ao. Prof. d. Theol. u. zweiten Universitätspred.in Göttingen. Gotha, Besser, 1859. VI u, 522 S. gr. 8. (2 Thlṛ,)

Ueber den Glauben ein dickes Buch, woran wir im Interesse der guten Sache und des Publicums vor Allem die Weitschweifig, keit beklagen. Denn wenn zum rechten Glauben die Aneignung und Durcharbeitung solcher Volumina gehört, so steht nicht allein zu fürchten, dass Wenige, nämlich nur die Reichen an Geld und Geduld, ins Himmelreich kommen. Wir haben leider Grund zu der weiteren Besorgniss, dass selbst für diese Wenigen die Seligkeit

mit jedem Bogen fraglicher wird, wenn wir erwägen, dass je länger die Rede, desto dunkler öfters der Sinn, weil es dem Vf. nicht gefallen hat, seinen Erläuterungen, die an sich nicht selten die nöthige Klarheit vermissen lassen, bündige Definitionen und Gedankenzusammenfassungen voranzustellen oder beizugeben. Schon von Seiten dieses formellen Mangels stellt sich die Arbeit als eine Studie dar, während des Buches Titel wie des Vfs. Name etwas Vollendetes, Sicheres und Klares über den weiten und wichtigen Gegenstand erwarten liessen. Möchte dasselbe Urtheil nur nicht auch den Inhalt treffen! Derselbe zerfällt in sieben Abschnitte. Nachdem im 1. Abschn. die Aufgabe ziemlich unsicher vorgezeichnet ist, so dass man z. B. namentlich darüber, ob der Titelgegenstand auf philosophischem oder historischem Wege, synthetisch oder analytisch erörtert werden soll, im Unklaren bleibt und von vorn herein den Eindruck empfängt, der Vf. habe nur um sich selbst klar zu werden, wie so manche Schriftsteller, die Feder zur Hand genommen (12), soll der 2. Abschn. das Wesen und Werden des Glaubens zeigen (— 85). Der Vf. verweist hierbei auf seine Abhandlung in den Jahrbb. f. deutsche Theol. IV, 177 ff. über das Wesen des Glaubens, mit Bezug auf Carlblom über das Gefühl in seiner Bedeutung für den Glauben und auf Philippi's kirchliche Glaubenslehre. Soll diese Verweisung, die sogleich in die Augen fallende klaffende Lücke dieses entscheidenden Abschnittes rechtfertigen? Kaum ist nach schwach motivirter Abweisung der Verwechselung des Glaubens mit blossem Vermuthen und Meinen, das gesuchte Wesen des ersteren auf nur zu dürftigen Unterlagen als ,, festes Ueberzeugtsein "bestimmt worin das Wesen des Glau bens doch auf keinen Fall aufgeht und womit es lange noch nicht erschöpft, viel weniger nach seiner specifischen Eigenheit umschrieben ist so wird auch schon S. 17 gefragt: Worauf nun beruht dieses feste Ueberzeugtsein und wodurch kommt es zu Stande? um darauf zu antworten: dass es eine Ueberzeugung „vermöge unmittelbaren Innewerdens" sei; offenbar wiederum nur eine halbe, überdies problematische Antwort von eben nicht sehr sicherem apologetischen oder pädagogischen Werth, Der Vf. bespricht dann ohne Weiteres,,die sittliche Ueberzeugung und das sittliche Gefühl, den religiösen und eigenthümlich christlichen Glauben, die Aufnahme der höheren Eindrücke als Sache der Willensrichtung," und kommt auf das ,,Resultat; der Glaube Sache des Herzens" (S. 80-85). Indess auch hier, so oft zur Bezeichnung des Glaubens auch das Wort ,,Zuversicht" gebraucht wird, verbindet der Vf. doch damit keineswegs den vom Glauben unzertrennlichen Begriff des wesentlich von ihm umschlossenen Vertrauens, sondern immer nur des Ueberzeugtseins (was ihm sonach für das Einzige und Höchste im Wesen des Glaubens gilt) und anstatt Ergebenheit und Treue daraus abzuleiten, hat nach ihm umgekehrt,,der Glaube als Frucht stiller innerer Hingebung und Treue schon alle die Selbstständigkeit und Sicherheit, welche jedem nach Glauben Rin

genden als ein so hohes Gut erscheint" (S. 84). Hiernach ginge der Glaube dem Glauben vorher, und wenn wir das apostolische ἐκ πίστεως εἰς πίστιν auch von einer Wesensentfaltung und Keimentwickelung verstehen wollen, deren schuldigen Nachweis wir bei unserem Vf. vermissen, so ist doch auf dem von ihm eingeschlagenen ziemlich kreisförmigen Wege, ohne klare organische Entwickelung und genetischen Fortschritt, nicht abzusehen, wie der Glaube das gravov natınòv sei und werden könne, was er insbesonderé nach paulinischer und evangelisch-lutherischer Anschauung ist, und wie der Vf. bei seiner einseitigen Ansicht vom Glauben sagen kann:,,hier, im Glauben, tritt wahrhaftig eine Schöpfung ein; in uns wird ein wirkliches neues Leben geschaffen, wir selbst werden hineingeschaffen in die volle wirkliche Gemeinschaft einer unsicht baren Welt" (S. 84). Denn auch im Folgenden wird der Glaube von und nach der Seite des Erkennens geschildert. So im 3. Abschn. von der ,,Glaubenserkenntniss: 1) Wahrheit als Gegenstand des Glaubens, 2) das Verhalten des Geistes im Erkennen der Glaubenswahrheit, 3) das Verhältniss der vorlieg. Erkenntniss zum weltlichen Wissen." Desgleichen im 4. Abschn.: von ,,Gott und seiner Offenbarung als Gegenstand des Glaubens“ (S. 168---300). Die gerügte Einseitigkeit steigert sich aber zur Unbegreiflichkeit des angegebenen Verhältnisses, wo es zur Sprache kommt, im 5. Abschn.:,,der Glaube und das Heilsleben." Denn das hier neben der früher besprochenen ,,Hingabe" an die Objecte des Glaubens unvermeidlich oft zu nennende und hervorzuhebende,,Ergreifen" derselben wird trotz der nun erst beigebrachten,,genaueren Bestimmung vom Wesen des Glaubens als sittlichen Actes" und im ,,Verhältniss zu den Gnadenmitteln," wie beim,,Eintritt in den Stand des Heils mittelst des Glaubens" (- 341) nach jenen ungenügenden Voraussetzungen nahebei um so unbegreiflicher, je treffender an sich z. B. die Ansicht vom Glauben als einer neuen Gesinnung abgewiesen (305) und die Neander- Martensen-TholuckHofmannsche Rechtfertigungs- und Versöhnungslehre, verglichen mit der Kantischen (addes: der römisch katholischen Infusionstheorie) rectificirt wird (S. 331-336). Nun eigentlich erst finden wir uns mit dem Vf. im rechten und klaren Fahrwasser, worin man ihm mit vollständiger Befriedigung folgt, wenn er weiter,, die Bewahrung und Entfaltung des neuen Lebens, das Gefühl, das Erkennen, die sittliche Gesinnung und die sittlichen Früchte" beleuchtet (392). Weniger im 5. Abschn.:,,Glaube und Kirche," insofern hier noch in der (neuerlich von Ritschl und Wendt vertheidigten) tendenziösen und teleologischen Weise Luthers und unserer Symbole,,das Wesen der Kirche als der Gemeinde der Gläubigen" aufgefasst wird, worauf mit löblicher Inconsequenz,,der Glaube als ausgeprägt in kirchlicher Lehre und kirchlichem Bekenntniss," dann,,der evang. Glaube und die verschiedenen christlichen Confessionen" vorgeführt werden. Es bleibt uns nur übrig, auf die wichtige Auseinandersetzung des 7. Abschn. zu verweisen:,,Die

im Glaubensprincip liegende Aufgabe und die geschichtliche Entwickelung des Christenthums, besonders im Protestantismus."

[4] Geschichte des französischen Calvinismus bis zur Nationalversammlung im J. 1789. Zum Theil aus handschriftlichen Quellen, von Gottl. von Polenz. 2. Bd., die Geschichte des politischen französ. Calvinismus, vom Aufstand von Amboise im J. 1560 bis zur Thronbesteigung Heinrichs III. im J. 1574. Gotha, Fr. A. Perthes. 1859. XII u. 720 S. gr. 8. (n. 4 Thlr.) Auch unt. d. Tit..

Geschichte des politischen französischen Calvinismus vom Aufstand von Amboise im J. 1560 bis zum Gnadenedict von Nimes im J. 1629.. 1. Theil.

Auf unsere Anzeige des ersten Bandes verweisend [Rep. 1857. Bd. IV. No. 5027] bemerken wir, dass dieser 2. gleichfalls mit dem grössten Fleisse in Erforschung der Quellen gearbeitete Band, welcher die Geschichte der auf dem Titel bezeichneten 14 inhaltschweren Jahre umfasst, in vier Capiteln oder Büchern mit 31 §§. zuerst den,,Uebergang der französischen Calvinisten zu einer politischen Partei" (128), dann die Geschichte derselben im ersten, zweiten, dritten und vierten ihrer Religions und Bürgerkriege ausführlich beschreibt, wobei man die Handelnden, so weit die vor handenen Memoiren es möglich gemacht haben, mit ihren eigenen Worten reden hört. Der Totaleindruck ist von der Art, dass die Begeisterung für jene und alle Kämpfe in geistlichen Dingen mit fleischlichen Waffen → eine unausbleibliche Folge jeder Depravation einer religiösen und einer politischen Partei bei vermehrter Vertiefung in ihre Geschichte wesentlich abgekühlt und die Zahl der,,Märtyrer für den Glauben" im strengsten Sinne des Wortes eher vermindert als vermehrt wird. Neun Beilagen, S. 692 ff., betreffen Details von verschiedener Bedeutung, z. B. Nr. 9: Ob Carl IX. auf die fliehenden Hugenotten geschossen habe?

Medicin und Chirurgie.

[5] Die Bindesubstanz der menschlichen Nieren im gesunden und krankhaften Zustande. Untersuchungen von Arn. Beer. Mit 4 Tafeln Abbildd. Berlin, Hirschwald. 1859. 190 S. gr. 8. (1 Thlr. 20 Ngr.)

Müssen wir vorbenannte, dem Prof. Dr. Virchow gewidmete, von ungemeinem Fleisse, scharfer Beobachtungsgabe und sehr geübter Technik in der mikroskopischen Untersuchung zeugende Arbeit als eine solche bezeichnen, welche eine verdiente ausführliche Würdigung nur in Fachjournalen finden kann, so beschränkt sich von selbst die Aufgabe eines Ref. für das Repertorium auf die angenehme Pflicht, dieselbe diesen, sowie Allen, welche sich für feinere anatomisch pathologische Studien interessiren, durch kurze Anzeige des Inhalts und jenes allgemeinere Urtheil aufs Wärmste zu empfehlen. Des Vfs. Untersuchungen erstrecken sich

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auf das interstitielle Gewebe und die Tunicae propriae zunächst im normalen Zustande, dann auf die in beiden vorkommenden pathologischen Processe: einfache interstitielle Hyperplasie, zelliche interstitielle Hyperplasie, interstitielle Fettbildung, Veränderungen der Tunicae propriae in allgemeinen Umrissen, als Material für spätere genauere Feststellung der besonderen Formen, interstitielle Veränderungen und parenchymatöse Processe in ihren Beziehungen zu den näher beschriebenen pathologischen Veränderungen des Bindegewebes, Eiter und Tuberkel in der Niere. Die in BuntSteindruck gelieferten Abbildungen lassen kaum eine Unterscheidung von Kupferstich zu.

[6] Ueber die Transfusion bei Blutungen Neuentbundener. Von Dr. Ed. Martin, o. ö. Prof. der Geburtshülfe, Director des Kön. klin. Instituts für Geburtshülfe u. der gynäkolog. Klinik u. s. w. zu Berlin. Mit 1 lithogr. Taf. Berlin, Hirschwald. 1859. XII u. 91 S. gr. 8. (20 Ngr.)

Auf einen glücklich verlaufenen Fall aus der eigenen Praxis zunächst gestützt, sucht der Vf. diese mehrfach empfohlene und angefeindete Operation für die auf den Titel genannte besondere Indication nicht nur in Schutz zu nehmen, sondern anch deren Ausführung den Geburtshelfern in dieser Beschränkung dringend ans Herz zu legen. Er beginnt seine Abhandlung mit geschichtlichen Bemerkungen über die Transfusion im Allgemeinen und bei anämischen Neuentbundenen insbesondere, wo dieselbe unter 57 Fällen bei 45 mit güustigem Erfolge ausgeübt wurde, während selbst in den übrigen 12 meist erst später aufgetretene Krankheiten, welche mit der Operation selbst in keinerlei Zusammen. hang standen, den Tod herbeigeführt hatten, theilt die von ihm noch in Jena gemachte Beobachtung ausführlich mit und stellt dann sämmtliche, ihm in dieser Beziehung bekannt gewordenen Fälle unter Anführung der Zeit, der vorausgegangenen Zustände, der Symptome, unter welchen die Operation gemacht wurde, der Art der Transfusion, der Menge des eingespritzten Blutes, des Erfolges und der Gewährsmänner tabellarisch zusammen. Die Untersuchungen über die Wirkung der Transfusion brachten ihn zu der Ueberzeugung, dass diese nicht ausschliesslich in dem wirklichen Ersatze verlorener Masse zu suchen sei, und dass neben den Blutkörperchen auch dem Serum Antheil an dem günstigen Erfolge zugeschrieben werden müsse. Die Gefahren der Transfusion sind gemeiniglich zu grell geschildert worden. Wird sie mit den vom Vf. später mitgetheilten Cautelen vorgenommen, so verschwinden jene fast gänzlich. Hinsichtlich der Qualität des zu verwendenden Blutes verwende man nur solches von kräftigen, gesunden, wo möglich männlichen Personen, welche vor der Blutentziehung keinen heftigen Gemüthsbewegungen ausgesetzt gewesen sind. Die Gefahr des Lufteintritts in die Vene ist bei Venen der Extremitäten nicht zu befürchten. Geringe Quantitäten von Luft schaden überhaupt nichts, bei Anwendung einer gläsernen Spritze lassen sich

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