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wenigstens romanische Züge. Dergleichen Züge sind v für p, wie in cavistrum (chevêtre); g für gutturales c, wie in mánaga (prov. manga); desgleichen d für t in sida, fibuladura, cusidura, vestido; besonders das um der Aussprache willen gebrauchte s für franz. ç in lansa, sincta, arsilun. Aber der Verfasser vergifst sich mehrmals so weit, dafs er deutsche Sprachsitte eingreifen lässt, wenn er p für b, oder ch für gutturales c spricht. Wie kommt es daneben, dafs deutsche Glossographen dasselbe gutturale c, vornehmlich wenn es den Anlaut bildet, so häufig mit g vertauschen? Der unsre schreibt guba, galdarios, gramagla, andre schreiben glunes, gratigula, gunnus u. dgl. Aber freilich, auch viele in das Deutsche eingedrungene Fremdwörter mufsten sich diesen Lautwandel gefallen lassen: so ahd. gapha (rom. capa), garminôn (carminare), gruft (crypta), mhd. gerner (carnarium), gumpan, gumpost, gunterfeit. Die deutsche Sprache hatte also eben sowohl wie die romanische die Anlage, ursprüngliche Kehltenuis in Media zu erweichen, nur dass die romanische diesen Vorgang fast ganz auf den Inlaut beschränkt. Vgl. Wackernagels Umbildung p. 26. Zur Charakteristik unsers Glossars gehört auch, dafs es in der Uebersetzung eine gewisse Unabhängigkeit zeigt, da es öfter von dem Herkömmlichen abweicht, freilich dadurch auch auf Irrwege geräth.

Unter den 94 nichtdeutschen Vocabeln befinden sich gegen 30, von denen man sagen kann, sie sind romanisch; nur 7 sind ausschliesslich lateinisch; ungefähr eine gleiche Zahl lässt sich weder in der einen noch in der andern Sprache, zum Theil aber im Mittellatein nachweisen. Etwa 30 in beiden Sprachen vorhandene geben zu keiner Bemerkung Anlass, können also hier übergangen werden. Was die Endungen betrifft, so stehen mehrere Wörter im Accusativ Sing., andre im Acc. Plur. auf as, was an das Provenzalische erinnert, andre endlich auf o wie im Italienischen. Ohne Declinationsendung kommen nur wenige vor: pol, thomar, paludel, arsilun. Die bemerkenswerthesten Wörter unsrer Sammlung sind nun die folgenden:

Burim 1) fluoges houpit. Auch mehrere andre Glossare, z. B. das Schlettstädter (purim phlogis hobit p. 361), führen das Wort im Accusativ auf, muthmafslich, weil man die Virgilische Stelle in burim, woraus man es allein kannte, vor Augen hatte. Es ist bemerkenswerth, dafs dieses Wort der römischen Landwirthschaft nur in Italien fortlebt (bure masc., mail. burett), dafs es nicht über die Alpen getragen ward.

Lora iohhalma (d. i. Jochbänder, Jochriemen, Grimm III, 456), port. loro Bügelriemen, altfr. lorain Riemen, ital. nicht vorhanden, vielleicht weil es mit l'oro zusammengetroffen wäre.

Pol cholpo (Kolben). An polus, das im Lat. nur die Himmelsachse bedeutet, ist hier nicht zu denken. Erblickt man darin das rom. pal = lat. pālus, so gewinnt man ein der deutschen Uebersetzung genügendes Wort.

Cimalic (cimalio Grff.) scatahuot. Man lese cimalia, das bei Carpentier steht und arborum summitates d. h. Dolden der Bäume bedeutet, altfr. cimeaulx, wie daselbst bemerkt ist. Das Etymon mufs cime (Gipfel) sein. Der Schattenhut konnte aus Zweigen bestehn: 'in des meigen bluot braeche ich ir ein schatehuot' Mhd. Wbch., so dafs sich die Uebersetzung dem Sinne des roman. Wortes anschliefst. Hier darf noch eine Kleinigkeit angemerkt werden. Ein Leydener Glossar (Haupt V, 198) aus dem 11. Jahrh. enthält die Stelle: Samalich. Scato.... (vier unleserliche Buchstaben). Das zweite Wort kann nur scatohuot sein, da kein anderes passendes Compositum mit scato vorkommt, und wahrscheinlich ist das erste unser cimalic, das der Schreiber nicht verstand und da es ihn an das in den Glossaren häufig gebrauchte lat. similiter erinnerte, gedankenlos das gleichbedeutende deutsche samalich dafür hinschrieb.

Humeruli chipphun. Papias kennt jenes als ein den Wagen betreffendes Wort: humeruli, qui e tremitatibus

1) Die Handschrift bedient sich fast überall kleiner Anfangsbuchstaben.

axis fiunt (die am Ende der Achsen angebracht werden) und dem entspricht die Uebersetzung verschiedener lateinischer Glossare mit luni oder luninge d. i. Achsnägel, s. Graff II, 221, Diut. II, 172. Diese Bedeutung wird humerulus auch von franz. Glossatoren beigelegt, denn úéce, womit das kleine Glossar von Tournay es übersetzt, ist doch wohl von obex, welches altdeutsch gleichfalls mit lun erklärt wird; derselben Herkunft und Bedeutung ist auch das lothringische ouche (ch hier = lat. ç). Die meisten deutschen Glossare übersetzen humeruli indessen, gleich dem unsrigen, mit chipfun, z. B. Selest. p. 362a, Trev. p. 17, 30, Lindenbr. 696, Sumerl. 32, 10; chipfun aber sind die an der Achse befestigten die Leiter haltenden dicken Stangen. Die lateinischen wie die romanischen Wörterbücher verweigern indessen humerulus in dem angegebenen Sinne, das span. hombrillo heifst etwas anders. Und doch könnte die mittellat. Bedeutung, da auch der auf romanischem Boden stehende Papias sie kennt, aus dem Leben genommen, sie könnte romanisch sein. Man dachte sich den Wagen, vornehmlich den Pflug, als ein belebtes Wesen, ein Thier, dem man Haupt und Schweif beilegte: die Achse, um welche sich das Rad bewegte, konnte als Schulter oder Bug aufgefasst werden, worin sich das Bein bewegt; der Nagel oder Riegel der Achse liefs sich alsdann nicht unpassend mit einem Diminutiv von humerus bezeichnen 1).

Medioli napa (Naben), daher das franz. moyeu. Richtig ist nur modioli, aber nicht wenige Sammlungen enthalten das entstellte Wort, z. B. Lindenbr. 997, Diut. II, 172, Dief. Mlat. Wbch. 179, Sumerlaten 11, 32a, und sicher hat man dabei an medius gedacht, weil die Nabe die Mitte des Rades bildet. So verstehen Grammatiker die Sprache zu berichtigen. Auf das franz. Wort hat

1) Im Cimbrischen heifst ahsela die Achse sowohl wie die Achsel, und wenn man auf eine anzunehmende ältere Form ahsala zurückgehen wollte, so hätte man ein Etymon für das einsam dastehende ital. sala (Achse) wäre ein Einfluss des Völkchens auf die italieni. sche Sprache nicht eine gewagte Voraussetzung.

jedoch diese Correctur keinen Einfluss gehabt, denn neben moyeu besteht schwerlich ein altfr. meyeu.

Temo languid, ital. timone u. s. f. mit richtiger Bedeutung. Unrichtig ist die hier und in den meisten Sammlungen vorkommende Uebersetzung, denn die Langwiede, vinculum plaustri, ist der den Wagen seiner Länge nach durchziehende, beide Gestelle verbindende Baum. Und doch könnte auch diese dem lat. Worte beigelegte Bedeutung irgend einer der romanischen Sprachen nicht unbekannt gewesen sein, denn Papias erklärt temo mit longitudo aratri vel plaustri, was eher auf Langwiede als auf Deichsel passt. Ein anderes mittellat. Wort für jene ist longale DC. Df.

gerle.

Gerula zupar

Guba putina

gerala zuipar Gloss. Cass., altfr.

=cava putin Gloss. Cass. Also auch dieses Glossar räth, gegen Grimm und Holtzmann, cuva zu lesen für cava. Dieselbe falsche Schreibung des Anlautes findet sich in gubellas Grff. VI, 698.

Galdarios chezzila (plur.) caldaru chezil Gloss. Cass. Desgleichen Chaldarioli chezzili = caldarora (1. caldarola) chezi Gloss. Cass.

Gramagla halacramailas hahla Gloss. Cass., aber mit g gramacula Gloss. Trev. Hoffm. 16, 8.

Dolea zentanara (plur.); so auch dolea kentenara Doc. Misc. I, 204. Auch hier ist die Verdeutschung mit Centner ungenau, im Cassler Glossar ist dolea nur Kufe.

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Angaria stanta (grofses hölzernes Gefäfs). Buchstäblich dieselbe Glosse haben auch andre Verzeichnisse, s. Graff VI, 697. Lat. aquaria ward durch eine ziemlich häufige Nasalierung zu ancaria (daher vielleicht unser Anker als Flüssigkeitsmass), endlich zu angaria, vgl. in Betreff der Buchstaben pr. engal aus aequalis. Mit Uebergang des ca in che entsprang aus ancaria altfr. anchere, wofür man mundartlich ancere schrieb (wie ceval für cheval), latinisiert ancheria Urk. von 1318 Carp. Ohne Nasalierung entstand aus aquaria franz. aiguière, prov. aiguieira Giefskanne, das sich erhalten hat.

Falces sengansa (Sense), entsprechend falceas segansa Gloss. Cass.

Falcidas sihchilun. Ersteres ist unmöglich und zu verwandeln in falciclas, also d verschrieben aus cl, wie öfter geschieht. Dem entspricht genau catal. falsilla, prov. faucilha, franz. faucille.

Dolatrias partun. Dolatria (sing.) ist leichter in dolatoria verwandelt als in das unroman. dolabra. Jenes besitzt der Franzose in doloire, der Spanier, welcher das Suffix or gerne mit er vertauscht, in doladera, wogegen das altfr. Masc. doloir Vocab. d'Évr. p. 7 sich dem bei Isidorus vorliegenden dolatorium anschliefst. Dieselbe Glosse ist dolatoria partun S. Gall., dolatoria parta Hattem. I, 309, Sumerl. 35.

Bantini pecchi (Becken plur.), ersteres für baccini, nt aus cc gelesen.

Urceolum urzal, ital. orciuolo, mit anderm Suffix altfr. ourcel Roq., orciaus Vocab. d'Évr. p. 37. Andre althochdeutsche Formen sind urzeol, urzol, urzel, mhd. urgel.

Manile hantchar (Handgefäls). Manile, von manus, findet sich mehrfach im Mittellatein für ein Gefäls zum Händewaschen, ist aber im Romanischen nicht vorhanden. Nur das Compositum aquamanile d. i. Becken, in welches das Wasser aus dem (vorhergenannten) urceolus gegossen ward (urceolo uno cum aquamanile v. J. 915 DC.) kommt im span. aguamanil (Giesskanne) vor. Dessen älteste Form ist aquaemanalis aus Varro bei Nonius, eine spätere aquiminale bei Julius Paulus, an welche sich die mittellateinischen (s. DC.) knüpfen.

1

=

Focipe apilo scari (Scheere), lies forcipe forcipa Gl. Cass. Den Zusatz apilo hat Graff, dem er unverständlich sein mochte, weggelassen. Von der Scheere aber sagt Isidorus 20, 13: si a filo 'feruntur, ƒ ponitur ut forfices, quae sunt sartorum; si a pilo, per p ut forpices, quae sunt tonsorum. Unser Verfasser hätte also eigentlich forpices schreiben sollen, da forcipes nicht zu dessen vermeintlichem Etymon pilus stimmt.

Fiscina (lies fuscina) fiscer (über dessen c ein k

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