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„Diogenes von Athen, welche im Pantheon standen, übrig; sie steht un„erkannt in dem Hofe des Pallastes. Farnese. Es ist die Hälfte einer männlichen unbekleideten Figur bis auf das Mittel, ohne Arme. Sie „trägt auf dem Kopfe eine Art eines Korbes, welcher nicht mit der Figur „aus Einem Stücke gearbeitet ist. An dem Korbe bemerkt man Spuren „von etwas Hervorragendem, und allem Anschein nach sind es vorgestellte „Blätter gewesen, welche denselben bekleidet haben; auf eben die Art, wie „ein solcher bewachsener Korb einem Kallimachus das Bild zu einem ko„rinthischen Kapital soll gegeben haben. Diese halbe Figur hat etwa acht „römische Palmen, und der Korb drittehalb. Es ist also eine Statue „gewesen, die das wahre Verhältniß zu der attischen Ordnung im Pan„theon hat, welche etwa neunzehn Palmen hoch ist. Was einige Scribenten bisher für dergleichen Karyatiden angesehen haben, zeugt von ihrer großen Unwissenheit."

Hier citirt er des Demontiosi Gallus Romae Hospes, p. 12., den ich denn nothwendig nachsehen müßte. Indeß ist mir mancherley in den Worten des Herrn W. sehr verdächtig. Seine Karyatide ist eine männliche Figur; nach dem Vitruv aber stellten dergleichen Säulen nur Weiber vor. Die Männer von Karya hatten alle über die Klinge springen müssen.

So viel muß ich zwar gestehen, daß mir die Erzählung Vitruv's ziemlich fabelhaft scheint. Karya war ein geringer Flecken in dem lakonischen Gebiete; wie konnte dieser sich unterstehen, mit den Persern gemeinschaftliche Sache zu machen? Auch erwähnt kein einziger alter Geschichtschreiber hiervon das Geringste.

Karya, sagt Pausanias,* oder, nach ihm, Karyä, war der Diana und den Nymphen geweiht, deren Fest die lacedämonischen Jungfrauen alljährlich daselbst mit feyerlichen Tänzen begingen. Karyatiden. heißen daher auch dergleichen zu Ehren der Diana tanzende spartanische Jungfrauen; und solche Karyatiden waren die vom Praxiteles, deren Plinius** gedenkt, wie aus der Gesellschaft, in die er sie mit den Mänaden und Thyaden seßt, zu schließen ist.

Harduin hat daher sehr Unrecht, wenn er diese Karyatiden des

L. III. c. X. p. 230. ** L. XXXVI. c. 4.

Praxiteles mit denen des Diogenes für einerley Vorstellungen hält, und bey Gelegenheit dieser in seinen Noten auf sie zurückweist. Dergleichen tanzende Karyatiden waren auf dem Ringe des Klearch.*

2.

Dioskorides.

Ein berühmter griechischer Künstler in Edelsteinen, zu den Zeiten des Augustus. Denn der Siegelring, dessen sich dieser Kaiser zulet bediente, war von seiner Arbeit. Wenn alle die Stücke von seiner Hand sind, die ihm die Kenner zuschreiben; so muß er alt geworden und erst unter dem Tiberius gestorben seyn. Stofch in seinem bekannten Werke bringt sieben Steine von ihm bey, an welchen' allen die Kunst ganz vortrefflich ist. Nämlich, zwey Köpfe des Augustus, einen in jüngern, den andern in ältern Jahren; beyde mit einem Bart. Hieraus aber schließe ich, daß es keine Köpfe des Augustus sind. Ferner, einen Kopf des Mäcenas; einen Merkur; einen Diomedes mit dem Palladium ; einen Perseus; und einen Herkules, der den Cerberus bindet.

Seinen Namen schreibt er auf seinen Steinen, selbst: Dioskurides (41оoxovoiding); und so fand ihn auch Lävinus Torrentius in verschiedenen Handschriften des Sueton geschrieben. Diejenigen Steine also, auf welchen man 410ΣKOPIДOY mit Auslassung des Y lieset, sind für untergeschoben zu halten; wie sie sich denn auch schen durch die unzierlichen Buchstaben selbst verrathen, die dieser Künstler sehr gleich und schön zu graben pflegte. ** Er brauchte die Vorsicht, ihren Umriß erst mit tiefen Punkten anzugeben, welche an den äußersten Spigen derselben noch jetzt sichtbar sind.

Peirescins, den Bagarre diese Punkte bemerken ließ, vermuthete, daß es Löcher zu Stiften wären, mit welchen man kleine metallene Buchstaben darin befestigt hätte. Cum aliquibus, sagt Stosch, ***

*S. Plutarch. in vita Artaxerxis, ed Bryant. T. V. p. 285. Junius de Pictura Veterum, p. 114.

** Gemmae antiquae caelatae Stoschii, p. 32. 34.

*** Ibid. p. 36.

in Inscriptione foraminulis, quae ex Peiresci sententia, ut habet Gassendus in ejus vita, extantes ex metallo aliquo literas clavis retinebant. Sed pace Peiresci, tanti viri, dixerim, et in aliis gemmis inscriptis, praesertim ejusdem Dioscoridis, Ecodi et Eutychis, ac aliorum, foraminula illa, si attentius oculoque armato inspiciantur, invenire est; quamobrem putaverim, ad literas distribuendas, recto ac aequo ordine aptandas, in uniuscujusque earum extremitate scalptores efformasse, atque ii, qui hoc artificium praetermisere, inaequales ac inelegantes, ut in pluribus aliis gemmis observatur, insculpserunt. Stofch hat ohne Zweifel Recht. Ich will indeß doch die Stelle des Gaffendus selbst anführen, weil ich eine Frage dabey zu thun habe, und die Vermuthung des Peirescins dent ungeachtet sinnreich, und bey andern ähnlichen Fällen, an größern Kunstwerken, besonders an Gebäuden, anzuwenden ist:

Quia vero inter cetera Bagarrius illi ostendit Amethystum perelegantem, in qua caelatus Solonis vultus, celebris illius Dioscoridis, Augusti caelatoris, manu; ideo cepit ausam edocendi ipsum, quidnam sibi vellent foraminula in Inscriptione, quam ostendit in ectypo, observata hac serie:

Edisseruit enim esse forulos, in quos fuissent inserti clavi continentes graecas ex metallo literas, quae caelatoris illius, seu ΔΙΟΣΚΟΥΡΙΔΟΥ exprimerent nomen: sed ordine retrogrado, ut proprium est caelaturarum ectyporumque. Id autem manifestum fecit, ubi depictis in alba charta, ut mox est factum, foraminulis, lineas interduxit, quae aeas literas in hunc modum ex

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Sic se interpretatum dixit foramina quaedam, quae visebantur Assisii in antiquo, nescio quo templo. Cum enim nemo dicere posset, ecquid illa significarent, divinavit ipse, inscriptionem esse, seu dedicationem factam JOVI OPT. MAX. idque demonstravit per lineas foramina sic connectentes:

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IOV! OPT MAX

Sic speravit se interpretaturum seriem quandam foraminum Nemausensis Basilicae, quam Quadratam Domum appellant; ubi ectypum obtinuisset. *

Meine Frage ist diese: Sind auf dem Steine des Dioskorides, von welchem die Rede ist, nur die bloßen Punkte sichtbar? oder sind sie auch wirklich durch ihre gehörigen Linien mit einander verbunden? Aus der Erzählung des Gassendi sollte man das Erstere schließen; aus dem Stofchischen Kupfer aber erhellt das Leßtere. Auf diesem sind die Buchstaben völlig ausgedrückt, und die Punkte hingegen gar nicht angegeben, wie sie es doch gleichwohl seyn sollten, und auf dem gleich darauf folgenden Steine, welcher den Merkur vorstellt, geschehen ist. Sind sie aber, diese Punkte, wirklich verbunden, so brauchte es Bagarris nicht erst vom Peirescius zu lernen, wie sie zu lesen waren. Peirescius konnte nur davon Gelegenheit haben, feine Meinung über den Gebrauch derselben zu sagen. Allein bey einem eingeschnittenen Steine kann dieser Gebrauch gar nicht Statt finden; indem die Vertiefungen der Buchstaben auf solche Weise wieder eben gemacht, und ihr Abdruck verhindert würde. Ganz anders aber ist es bey größern Kunstwerken, besonders an Gebäuden, an welchen die Aufschrift aus großen metallenen Buchstaben bestand, die neben einander in der Mauer befestigt waren. Wo diese Buchstaben hernach weggerissen werden, da ist es möglich, sie aus den zurückgelassenen Löchern zu errathen; und das war es, worauf Peirescius bey dem alten Tempel zu Assisi glücklicher Weise fiel.

Sonst könnte man über die Stelle des Gaffendi noch anmerken, daß er den Dioskorides nicht caelatorem, fendern scalptorem, hätte nennen sollen. Denn, es sey nun, daß man caelatura und scalptura entweder mit dem Quintilian** nach den Materien, in welche beide arbeiteten; oder, mit dem Aldus Manutius *** nach der Form unterscheide: so ist die Arbeit eines Dioskorides doch niemals caelatura. Nach dem Quintilian nicht, weil diese bloß in Metallen, nicht aber

* GASSEND, de Vita PEIRESCii. L. II. p. 90. ed. Quedlinb. 1706. 8.

** L. II. cap. ult.

*** de Quansitis per epistolam, L. III. ep. 9.

in Holz und Steinen Statt findet; nach dem Manutius nicht, weil caelatura bloß erhabene, getriebene, halbrunde Arbeit bezeichnet; vertiefte Arbeit aber, so wie ganz runde, allein der scalptura zukommt. Was man aus der Varronischen Ableitung des Wortes caelum von cavum * dagegen einwenden könnte, ist nichtig; denn die Bedentung der Wörter muß nicht nach ihrer Ableitung, sondern nach ihrem Gebrauche, bestimmt werden.

Selbst die Stelle des Apulejus ** wo er von des Pyrgoteles Bildnissen Alexanders, welche in Edelstein waren, caelamen, caelamine excludere, braucht, kann den Gassendi nicht entschuldigen. Denn aus der Folge sieht man, daß Apulejus nicht vertiefte, sondern erhabene Bildnisse meint, indem er sie torcumata nennt. Dergleichen aber find die Kunstwerke des Dioskorides nicht, und vielleicht waren es auch die Arbeiten des Pyrgoteles nicht. Denn es ist sehr wahrscheinlich, daß es Apulejus eben so wenig verstanden hat, als Gaffendi, sich über solche Dinge gehörig und eigentlich auszudrücken.

3.

Grottesten.

Pignorius*** leitet sie von der unförmlichen Zeichnungsart der Aegypter her, dergleichen auch auf der Ifischen Tafel vorkommt:

Ex his imperitis delineationibus non male quorundam sententia apud Plinium confirmatur, linearem picturam Philoclis Aegyptii inventum esse; cum hisce convenire videatur, quod de infantia picturae narrat Aelianus, adeo indocte pictores tunc temporis penicillum tractasse, ut adscribere nomina rerum necesse haberent. Digna res utique, quam et Thebani pecunia mulctarent. Et hinc primum manasse censeo ego picturas illas, quas Vitruvius tantopere exagitat, quasque nostri in cryptis Romae inventas Grotesche appellarunt et avide arripuerunt.

* L. IV. de Lingua Latina, ex ed Stephani, p. 5.

** Floridor. L. I. p. m. 10.

*** Mensa Isiaca, p. 13. ed. Fris.

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