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Durch Spinoza ist Leibniß nur auf die Spur der vorherbestimmten Harmonie gekommen.'

Ich fange bei dem ersten Gespräche an. Darin bin ich noch Ihrer Meinung, daß es Spinoza ist, welcher Leibnißen auf die vorherbestimmte Harmonie gebracht hat. Denn Spinoza war der erste, welchen sein System auf die Möglichkeit leitete, daß alle Veränderungen des Körpers bloß und allein aus desselben eigenen mechanischen Kräften erfolgen könnten. Durch diese Möglichkeit kam Leibniz auf die Spur seiner Hypothese. Aber bloß auf die Spur; die fernere Ausspinnung war ein Werk seiner eigenen Sagacität.

Denn daß Spinoza die vorherbestimmte Harmonie selbst, gesetzt auch nur so, wie sie in dem göttlichen Verstande antecedenter ad decretum existirt, könne geglaubt, oder sie doch wenigstens von weitem im Schimmer könne erblickt haben: daran heißt mich alles zweifeln, was ich nur fürzlich von seinem Systeme gefaßt zu haben vermeyne.

- Wollen Sie mir ein Gleichniß erlauben? Zwei Wilde, welche beide das erstemal ihr Bildniß in einem Spiegel erblicken. Die Verwunderung ist vorbei, und nunmehr fangen sie an, über diese Erscheinung zu philosophiren. Das Bild in dem Spiegel, sagen beide, macht eben dieselben Bewegungen, welche ein Körper macht, und macht sie in der nehmlichen Ordnung. Folglich, schließen beide, muß die Folge der Bewegungen des Bildes, und die Folge der Bewegungen des Körpers sich aus einem und eben demselben Grunde erklären lassen.

1 Karl G. Leffing hat unter diesem Titel das Concept des Briefes an Moses Mendelssohn vom 17. April 1763 (S. Band XII.) abdrucken lassen. Lessings Leben II. S. 167-171. Wir theilen hier diejenigen Stellen mit die in dem Briefe nicht enthalten find.

v. M.

Handschriftliche Anmerkungen

зи

Winkelmanns Geschichte der Kunft des
Alterthums.

1.

Gesch. d. K. S. 9.2, bemerkt Winkelmann; daß die allerälteste Gestalt der Figuren bei den Griechen auch in Stand und Handlung den ägyptischen gleich gewesen sei; und daß Strabo das Gegentheil durch ein Wort bezeichne, welches eigentlich verdrehet heiße, (oxolia soya), und bei ihm Figuren bedeute, welche nicht mehr, wie in den ältesten Zeiten, völlig gerade und ohne alle Bewegung waren, sondern in mancherlei Stellungen und Handlungen standen.

Lessing schrieb hinzu: „Diese Auslegung ist ohne Grund; und onolia sora heißen hier weiter nichts, als schlechte, elende Werke; weil Strabo ganz neue Werke darunter versteht, die er nicht den Werken aus den ältesten Zeiten der Kunst, sondern den guten ältesten Werken entgegen setzt."

1 Vorarbeiten zu einer neuen mit Anmerkungen, Berichtigungen und Zusäßen begleiteten Ausgabe, von Eschenburg herausgegeben in der Berlinischen Monatsschrift, im eilften Bande (1788) S. 594. Dieses Eremplar von Winkelmanns Gesch. d. K. d. A. (die Dresdener Ausgabe) worin Lessing die Anmerkungen geschrieben, besißt jeßt der Dr. Härtel in Leipzig, der die Güte hatte es dem Herausgeber mitzutheilen. v. M.

2 Alle Seitenzahlen beziehen sich hier auf die Dresdner Ausgabe. Zu der Wiener, die L. gleichfalls besaß, und die ich mehrere Jahre, selbst bis nach seinem Tode, von ihm in Händen hatte, war nichts beigeschrieben; auch nicht zu den zwei Theilen der Winkelm. Anmer kungen zur G. d. K., die ich gleichfalls aus seinem Nachlasse besige. Eschenburg...

2.

3u S. 11., wo oben von W. erinnert wird, daß die Kunst und die Bildhauerei zuerst mit Arbeiten in Thon anfingen: Es hätte angemerkt zu werden verdient, daß die ältesten Künstler auch in Pech ge= arbeitet haben. Dädalus machte eine Bildsäule des Herkules aus Pech, zur Dankbarkeit, daß dieser seinen Sohn Ikarus begraben hatte. Apollodor. L. II. de Deor. Orig. Doch sagt Pausanias (L. IX. p. 731. ed. Kuhn.) von eben dieser Bildsäule, daß sie von Holz ge= wesen. Auch Junius vergißt des Pechs (Lib. III. c. IX.), wo er die verschiedenen Materien der alten Statuen erzählt."

3.

S. 15. sagt W., daß sich von Statuen aus Elfenbein niemals, in so vielen Entdekkungen die geringste Spur gefunden habe; und L. sett hinzu: „Man dürfte aber vielleicht überhaupt zweifeln, ob die Alten viel große Stükke aus Elfenbein durchaus gearbeitet haben, und ob nicht die meisten von den so genannten elfenbeinernen Statuen bloß solche gewesen, an welchen allein das Gesicht und die andern sichtbaren nakten Theile aus Elfenbein gearbeitet waren. Plinius könnte diese Vermuthung zu bestärken scheinen, wenn er (L. XII. Sect. 2.) sagt: antequam eodem ebore numinum ora spectarentur, et mensarum pedes. Die elfenbeinernen Statuen des Germanikus, des Britannikus, die bei den cir censischen Spielen vorgetragen wurden, können eben deswegen nicht sehr groß gewesen sein. Doch andere müssen es allerdings gewesen sein; als 3. B. die Statue der Minerva Alea, die Augustus von Tegea mit weg nach Rom nahm, und von der Pausanias ausdrücklich sagt, daß es ἐλεφαντος δια παντος πεποιημενον gemefen."

Ebend. sagt W., daß solche Statuen, an welchen nur die äußersten Theile von Stein waren, Akrolithi genannt worden; und L. schrieb hinzu: „Den Beweis bleibt W. schuldig."

4.

Zu S. 32. Note 2. bemerkt L. daß die Figur beim Beger Thes. Brand. T. 3. p. 402. keine Mumie sei; und S. 33., daß die Aegypter nicht, wie W. sagt, auswärts, sondern vielmehr vorwärts gebogene Schienbeine gehabt zu haben scheinen, welche Bildung derselben Pignorius auch an den Figuren der Isischen Tafel wahrzunehmen glaubte.

5.

Winkelm. S. 36. „Die Sphinge der Aegypter haben beiderlei Geschlecht, das ist, sie sind vorne weiblich, und haben einen weiblichen Kopf, und hinten männlich, wo sich die Hoden zeigen. Dieses ist noch von niemand angemerkt. Ich gab dieses aus einem Steine des Sto= schischen Musei an; und ich zeigte dadurch die Erklärung der bisher nicht verstandenen Stelle des Poeten Philemon

"

L. Oder vielmehr des Strato, oder Strattis. Athenäus führt nämlich die Stelle, wovon hier die Rede ist, zweimal an: einmal im 9ten, und einmal im 14ten Buche. Dort legt er sie dem Strato bei, und setzt noch hinzu, daß sie aus dessen Phönicides sey. Hier aber dem Philemon; aus einem Fehler des Gedächtnisses ohne Zweifel, wo es nicht ein bloßer Irrthum des Abschreibers ist. Denn da er dort die Stelle in ihrem ganzen Umfange anführt, (hier aber nur die ersten drei Zeilen davon), und auch das Stück benennt, woraus sie genommen; so scheint diese erste Anführung mehr Glaubwürdigkeit zu haben, als die andere. Man wird daher die Stelle auch vergeblich unter den Fragmenten des Philemon, in der Ausgabe des Clericus, suchen. Warum sie aber bis auf diese Winkelmannische Entdekkung nicht verstanden worden, das begreife ich nicht. Es hat Jemand einen Koch gemiethet, der sich in lauter Homerischen Worten ausdrükt, die der, der ihn gegemiethet hat, nicht versteht. Ich habe einen männlichen Sphinx, und nicht einen Koch, nach Hause gebracht: sagt dieser also von ihm. Sollte man nun hieraus nicht gerade das Gegentheil von dem schließen, was W. entdekt haben will? Denn eben, weil alle Sphinxe für weiblich gehalten wurden, wird hier der unverständliche Koch ein männlicher Sphinx genannt.“

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S. 47. gedenkt W. der Sphinre an den vier Seiten der Spize des Obelisks der Sonne, welche Menschenhände haben. L. sett hinzu: „Auch der Sphing in dem Gemälde des Dedipus in dem Nasonischen Grabmahle, hatte Menschenhände. (S. Bellori.) Er hat über dieses Flügel, und sitt."

6.

Von einer hölzern Statue des Apollo zu Samos sagt W. S. 61.: Telekles habe die eine Hälfte derselben zu Ephesus, und Theodorus Umgekehrt; sagt L., TheoDiodor. 1. c.

die andere Hälfte zu Samos verfertigt. dorus zu Ephesus, und Telekles zu Samos.

Ebend. Nr. 2. schlägt W. vor, in der Stelle beim Diodor anftatt κατα την οροφην, au lefen: κατα την οσφυν. „Oder vielleicht, bemerkt L., xata tηv bodyv, nämlich, yoviav, welches so viel wäre, als лoos dodas yavias. W. Verbesserung taugt nichts; ben κατα την όσφυν μεχρι των αιδοιων wüthe wahrer Monfenfe sein.“

7.

„Unter den (S. 77. angeführten) Ursachen, warum die bildenden Künste bei den Persern zu keinem besondern Grade der Vollkommenheit gelangen konnten, war vielleicht auch der eingeschränkte Gebrauch der= selben, indem sie solche nur zur Nachahmung kriegrischer und mördrischer Gegenstände anwandten, eine von den vornehmsten. Apud Persas, sagt Ammianus Marcellinus (L. 24. c. 6.) non pingitur vel fingitur aliud, praeter varias caedes et bella. Cf. Brissonius, L. 3. $. 92."

Zu der Bemerkung S. 120., daß der Preis in den Panathenäischen Spielen zu Athen gemalte Gefäße von gebrannter Erde, mit Del angefüllt, gewesen, schrieb L. die Anführung Pindars, Nem. X. Epod. B.

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8.

W. S. 135. unten: So malte Polygnotus das Pöcile zu Athen, „und, wie es scheint, auch ein öffentliches Gebäude zu Delphos." L. Nämlich die Lesche. V. Pausan. L. X., wo die zwei großen Gemälde darin umständlich beschrieben werden. Was sie vorgestellt, brauchte uns Herr W. also nicht erst aus einem alten geschriebenen Scholio zu dem Gorgias des Plato lehren zu wollen. Sogar die Verse, die er aus demselben zuerst beizubringen glaubt, stehen bereits beim Pausanias."

S. 137. fagt W., daß die Stadt Aliphera bloß wegen einer Statue der Pallas von Erz, vom Hekatodorus und Sostratus gemacht, berühmt gewesen sei; und beruft sich dabei auf den Polybius. Allein dieser Schriftsteller sagt, wie L. erinnert, nichts davon; und W. hätte lieber Thespiä (das wegen der Statue des Kupido berühmt war) anführen follen.

9.

Zu S. 180. Der platte Augapfel in den alten marmornen Statuen hat dem Juvenal zu einem Beiworte Gelegenheit gegeben, welches

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