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EDIDIT SOCIETAS ORIENTALIS FENNICA

X 2

TÜRKISCHE SPRACHPROBEN

AUS MITTEL-ANATOLIEN

VON

MARTTI RÄSÄNEN

IV

KONJA VIL.

HELSINKI 1942

SOCIETAS ORIENTALIS FENNICA

HELSINKI 1942

DRUCKEREI-A.G. DER FINNISCHEN LITERATURGESELLSCHAFT

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Das Material dieses Teiles meiner Arbeit stammt insgesamt aus dem Wilajet Konja, wo ich mich im April und Mai 1932 aufhielt. Die von mir aufgezeichneten Texte sind so umfangreich, dass ich z. B. die Dichtungen von diesem Teil weggelassen habe (ausser einem Dialog vom Dichter Mehmed, den ich als Probe mitgenommen habe). Wenn diese Dichtungen nebst den Liedern aus dem Wilajet Nigde einmal veröffentlicht werden, sind meine Sammlungen aus der Türkei grösstenteils erschienen, ausser meinen reichhaltigen Wörtersammlungen, die noch gar nicht geordnet sind.

Nach der Ankunft in Konja fand ich als Gewährsmann zuerst einen ugf. 70-jährigen Beamten des Museums (früherer MevleviTekke), den in Ermenek geborenen Hasan Rüštü, der mir u. a. interessante Dinge über den Ursprung, die Philosophie und die Geschichte der Mevlevi-Derwische erzählte (ein solcher ist er, wie es scheint, selbst gewesen). Diese sind (P. 5-13) worttreu übersetzt worden. Den ursprünglichen türkischen Text habe ich jedoch weggelassen, weil diese Erzählungen zu literarisch und als Dialektproben von geringerem Interesse sind. Auch Schwänke von Hodscha Nasreddin usw. bekam ich von ihm.

Ein anderer Gewährsmann, der mir viel gegeben hat, war der Volksdichter (ašyk) Mehmed, geboren im Dorfe Göčü (Jarma Nah.), dessen Material sehr mannigfaltig war: Märchen, Gebräuche, Viehzucht, Volkslieder und eigene Lieder, sowie viele Zauberkünste und anderes mythologisches Material, das ich aus seinem Munde mehr als anderswo in der Türkei aufgezeichnet habe.

In den Zwischenzeiten hatte ich Gelegenheit, mit einem Konjaer Schulinspektor in verschiedenen Ortschaften des Wilajets herum

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zureisen, namentlich im Dorfe Alibei Hüjügü (Žumra Kas.) und in dem Städtchen Sille, wo meine Ausbeute vor allem Dichtungen waren; die kleinen Prosastücke werden hier veröffentlicht.

Weil die Herausgabe dieser Veröffentlichung durch die Kriegsverhältnisse erschwert wurde und mir keine Büchereien zur Verfügung standen, habe ich die Übertragung einiger Texte nicht auf das Genaueste kontrollieren können.

März 1942.

MARTTI RÄSÄNEN.

Ermenekli Hasan Rüštü.

Mevlevi-Derwische.

1. Arabisch heisst mevlānā 'unser Herr'. Dieses arabische Lehnwort mevlānā verwenden die Türken im Sinne 'grosser und kenntnisreicher Mann'. Das Wort mevlānā wird anstatt türk. efendimiz (unser Herr) gebraucht.

Auch den Philosophen Želal-ed-Din, der aus der Gegend von Turkestan, aus der Stadt Belch nach Konja gekommen war, nennt man in diesem Sinne bisweilen Mevlānā Šelāl-ed-Din, bisweilen Mevlānā. Die Leute, die die Philosophie dieses Philosophen Mevlānā angenommen haben und den von ihm gewiesenen Weg gegangen sind, heissen mevlevi. Mevlānā hatte in Belch seinen Vater namens Mohammed Sultan Ulema (der Gelehrte). Zu dieser Zeit war Mevlana sechs Jahre alt. In Belch lebte noch ein anderer Gelehrter: Fahr-ed-Din-iRāzi. Er konnte Sultan Ulemā nicht leiden, er hasste ihn. Er sagt zu dem Sultan des dortigen Turkestan: »Wenn Sultan Ulema in Belch bleibt, werden dort Unruhen und ein Aufruhr ausbrechen; du musst ihn ausweisen!» Der Sultan sagt zu Sultan Ulemā: »Du musst aus der Stadt Belch wegziehen.» Sultān Ulemā schreibt einen Brief an den türkischen und zu seinem Geschlecht gehörenden Seldschukensultan in Konja, Sultān Alā-ed-Dīn: »Der Sultan des alten Turkestans weist mich aus Belch aus. Wenn ich nach Konja komme, wirst du mich empfangen?» fragt er. Ala-ed-Din Selžuki schreibt eine Antwort: >>Mit Vergnügen. Bitte, hier hast du einen Platz.»> Sultān Ulemā zieht mit seinem sechsjägrigen Sohn und fünfhundert Anhängern von Belch weg. Er kommt auf dem Bagdad-Wege nach Damaskus, von Damaskus kommt er nach Aleppo, von Aleppo nach Karaman. Damals hatte Ala-ed-Din Selžukī in Karaman einen

Studia Orientalia X 2.

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