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oder erbliche Sklaven. 1) Die erste Klasse scheint die zahlreichste zu sein; wenn sie ihre Schuld durch ihre Arbeit getilgt haben, erhalten sie ihre Freiheit wieder. Die Dienstherren haben das Recht, diese Sklaven durch körperliche Züchtigungen zum Arbeiten zu zwingen; nur dürfen sie dabei nicht so weit gehen, dafs Blut fliefst; geschieht dieses, gilt die Schuld als getilgt. Frauen, die wegen einer Schuld von mehr als fünf und zwanzig tikal oder etwa 21 Thaler verpfändet worden sind, können von den Dienstherren als Beischläferinnen gebraucht werden, sie mafsen sich jedoch nie ein solches Recht an; wenn die Schuld niedriger ist, erhalten die Frauen ihre Freiheit wieder; dieses geschieht ebenfalls, wenn sie ihren Herren Söhne gebären. Auch Kinder werden von den verschuldeten Eltern verpfändet. Die Sklaven dieser Art können verkauft werden. Die zweite Klasse von Sklaven wird gröfstentheils durch Kriegsgefangene, deren die Barmanen in ihren Kriegen mit Asam, Kakhar und den angränzenden Ländern eine grofse Anzahl gemacht hatten, gebildet. 2) Sie werden von den Barmanen besser behandelt, als von den Siamesen, und in dem Barmanischen Gesetzbuche finden sich genaue Vorschriften über die Verhältnisse der Sklaven zu ihren Herren.

Die aus dem Staatsverbande ausgestofsenen Bewohner des Barmanischen Staats bestehen aus den folgenden Abtheilungen: bei den Pagoden angestellte Sklaven; die Verbrenner der Leichen; die Gefängnißswärter und die Scharfrichter; die an Aussatz und unheilbaren Krankheiten leidenden Personen; die Verkrüppelten; endlich die Buhlerinnen. Alle diese Menschen sind ihrer bürgerlichen Rechte beraubt und leben unter dem Banne oder Ausschliefsung von der Theilnahme an religiösen Gebräuchen. 3) Sie dürfen nicht in den Städten und Dörfern sich aufhalten, sondern nur in den Vorstädten und an einsamen Plätzen. Die liederlichen Dirnen werden nur zu dieser verachteten Klasse gerechnet, wenn sie die Hurerei als ein Gewerbe treiben; wenn sie es aufgeben,

1) JOHN GRAWFURD a. a. O. p. 398 flg.; über den Werth des tikal sieh oben S. 448, Note 1.

2) JOHN CRAWFURD a. a. 0. p. 499.

3) JOHN CRAWFURD a. a. O. p. 251, wo ein von Aussätzigen bewohntes Dorf beschrieben wird; dann p. 260 und p. 418, wo die bei den Pagoden angestellten Sklaven beschrieben werden; sie werden Kaivanthi-dhan oder Athan-dhan geheifsen.

Lassen's Ind. Alterthsk., IV.

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werden sie wieder als unbescholtene Frauen angesehen, weil die Keuschheit von den Barmanen wenig geschätzt wird. Es erhellt aus diesem Berichte von dieser verworfenen Klasse der Bevölkerung, dafs die Barmanische Gesetzgebung in dieser Beziehung. der Vorderindiens ähnelt, nach der z. B. die niedrigste aller unreinen Kasten, die der Kandala, nur aufserhalb der Dörfer leben dürfen.1)

Die Barmanische Staatsverfassung stellt uns den Despotismus in seiner schroffsten Gestalt dar und hat alle die Nachtheile erzeugt, die aus einer solchen Regierungsform erwachsen können. 2) Der Monarch wird in den officiellen Regierungs-Erlassen,, der Besitzer des Lebens und des Eigenthums aller seiner Unterthanen" betitelt; er kann nach seinem Willen über das Land und das ganze Volk verfügen und bedient sich dieses Vorrechts, so viel er kann, ohne die Sicherheit seiner eigenen Person und die seiner Minister zu gefährden und nur die Furcht vor Empörungen setzt seinen despotischen Mafsregeln eine Schranke.

Die Staatsverfassung der Barmanen hat folgende Form. An der Spitze derselben steht ein Grofsvezier oder erster Minister; dem Könige zur Seite stehen zwei Staatsräthe, ein öffentlicher und ein geheimer; durch diesen werden alle königlichen Befehle ausgefertigt. Der erste Staatsrath ist der höchste und wird nach der Halle, in der er seine Sitzungen hält, Loat-dhan genannt; er besteht in gewöhnlichen Fällen aus vier Mitgliedern, die Van-gji oder richtiger Van - kri betitelt werden; dieser Titel bedeutet: Träger hoher Würden. 3) Diese hohen Beamten besitzen nicht nur eine gesetzgebende und ausübende Gewalt, sondern auch eine gerichtliche; sie entscheiden dabei durch Stimmenmehrheit. Die einzelnen Mitglieder dieses Staatsraths können auch als Richter über streitige Sachen Urtheile fällen; von ihren Urtheilen kann jedoch an den Gesammtstaatsrath appellirt werden. Nicht sowohl das Gesetz als das Herkommen verlangt, dafs jede königliche Verordnung von diesem Rathe gebilligt werden solle. An den

1) Màn. dh. c. X, 51; sieh aufserdem oben I, S. 849, nebst Note 2. 2) JOHN CRAWFURD a. a. O. p. 400 flg.

3) Van bedeutet eigentlich Last, Bürde und ist auf den Besitz und den Besitzer solcher Würden übertragen worden, wie im Sanskrit dhur oder dhurâ; kri, das wie gji ausgesprochen wird, bedeutet grofs; im Barmanisehen stehen die Adjektive nach den Substantiven.

Berathungen dieses höchsten Raths im Barmanischen Reiche nimmt bisweilen auch der Monarch selbst Theil. Die vier Mitglieder dieses Staatsraths haben Stellvertreter, welche in derselben Weise verfahren, wie ihre Oberen. Der zweite oder der geheime Staatsrath zählt ebenfalls vier Mitglieder; sie sind die Rathgeber der Krone und berathen, wie die des ersten Staatsraths, die Angelegenheiten, über die sie abstimmen, und entscheiden nach der Mehrzahl der Stimmen. Der Umfang ihrer Thätigkeit ist eben so ausgedehnt, wie der des Loat-dhan; alle vom Herrscher unmittelbar ausgehende Befehle werden von diesen Räthen besprochen. Da sie ferner Zutritt zu ihm haben, kann es nicht fehlen, dafs sie einen grofsen Einfluss auf seine Beschlüsse ausüben. Diesem Staatsrathe sind etwa dreifsig Sekretäre beigesellt, die theils die Verhandlungen desselben aufzeichnen, theils die Befehle des Monarchen ausfertigen. Es gehören endlich zu ihm die königlichen Boten, die zugleich als Spione von der Regierung benutzt werden. Es wäre ein Irrthum, wenn man annehmen würde, dafs diese Staatsräthe den despotischen Beschlüssen der Barmanischen Monarchen Zügel anlegen würden, weil sie gar zu sehr von ihm abhängig sind. Die Güte oder Schlechtigkeit der Regierung hängt im Barmanischen Reiche lediglich vom persönlichen Charakter des Herrschers ab.

Die Eintheilung des Barmanischen Reichs ist die folgende.1) Es wird zuerst in Provinzen von sehr ungleichem Umfange eingetheilt; diese in Bezirke von einer gewissen Anzahl von Städten; diese in kleinere Bezirke, welche mehrere Dorfschaften enthalten. Das Wort mjo bezeichnet sowohl Provinz als eine Hauptstadt; die eigentliche Bedeutung des Worts ist,, befestigte Stadt". Die Provinzen werden nach der gröfsten, in ihnen gelegenen Stadt benannt; eben so die Bezirke und die kleinern Bezirke nach Städten; die Dorfschaften erhalten ihre Benennungen nach den gröfsten in ihnen liegenden Dörfern. Der Titel eines Statthalters einer Provinz lautet Mjo-vun; er vereinigt in seiner Person die Aemter eines Civil - Statthalters, eines Oberbefehlshabers, eines Richters und eines Steuereinnehmers. Unter ihm steht sein Stellvertreter; die zwei dem Range nach nächsten Provinzial - Beamten sind der Steuereinnehmer und der Erheber der Zölle.

1) JOHN CRAWFURD a. a. O. p. 403 flg.

Aufserdem ist ein Beamter mit der Handhabung der Gesetze und ein anderer mit der Aufrechterhaltung der Ordnung betraut; auf diese werde ich unten zurückkommen. Der Mjo-vun hat das Recht, Todesstrafen zu verhängen; bei Civil-Sachen kann gegen seine Urtheile an den höchsten Rath in der Hauptstadt appellirt werden. Die Verwaltung der Städte Bezirke, der kleinern Bezirke und der Dorfschaften ist auf dieselbe Weise organisirt. Ein Mangel der Barmanischen Verwaltung ist die Vermischung der ausübenden und der richterlichen Gewalt. Kein Barmanischer Beamter bezieht einen Gehalt, sondern die höchsten Beamten werden durch Anweisungen auf die Einkünfte von Ländereien und auf Dienstleistungen der Einwohner bezahlt; die untern Beamten werden durch Sporteln und ungewöhnliche und unregelmäfsige Einkünfte für ihre Dienste belohnt. Es kann daher nicht ausbleiben, dafs Erpressungen und Bestechungen im Barmanischen Reiche an der Tagesordnung sind.

In dem Steuerwesen der Barmanen tritt uns derselbe Charakter der Rohheit und Unordnung entgegen, wie in den übrigen Zweigen der Staatsverwaltung; es walten in ihm Ungewissheit, Raubsucht und Gewaltsamkeit vor. 1) Die Regierung betrachtet alles dem Anbau gewonnene Ackerland als das Eigenthum der Anbauer, macht jedoch Ansprüche auf ihre Arbeit und deshalb auch auf eine Abgabe von Ländereien. Da die meisten Ländereien den Beamten als Besoldungen angewiesen sind, fällt diese Haupteinnahme der Beherrscher morgenländischer Reiche beinahe ganz weg. Die Inhaber solcher Anweisungen halten sich gewöhnlich in den Hauptstädten auf und lassen deswegen ihre Ländereien durch Stellvertreter verwalten, die von ihnen angestellt werden und die Höhe der Steuer und die Art der Leistungen der Bewohner der Ländereien bestimmen können. Da nun diese Stellvertreter mehr das Interesse ihrer Herren, als das der Landbebauer berücksichtigen werden und jene in der Regel durch Bestechungen sich solche Anweisungen verschaffen müssen, folgt, dafs dieses System die ärgsten Erpressungen zur Folge haben muss.2) Der Besitz derartiger Anweisungen ist kein blei

1) JOHN CRAWFURD a. a. O. p. 416 flg.

2) Die Bewohner der Ländereien, von denen jetzt die Rede ist, werden so hart von den Verwaltern der temporären Besitzer der Ländereien bedrückt,

bender und kann ihnen zu jeder Zeit vom Monarchen entzogen werden, wenn sie der Gunst des Verleihers verlustig geworden. sind. In einigen Fällen werden ausgezeichnete Beamte durch Verleihung von den Einkünften von Dörfern belohnt; die so belohnten Männer werden Mjo-thu-gji oder Thu-gji, d. h. Vorsteher von kleinern Bezirken und Dörfern, betitelt; solche Aemter werden. theils durch die Nachsicht der Regierung, theils durch Verjährung mitunter erblich; die Träger solcher Aemter dürfen ihre Lehen, wenn man sie so nennen will, auch andern Personen durch Verkauf oder durch Schenkung übertragen; für solche Uebertragungen giebt es genaue Vorschriften. 1) Landschenkungen, die in Vorderindien so häufig sind, kommen im Barmanischen Reiche höchst selten vor und sind nur besonders heiligen Tempeln gewidmet; solche Schenkungen werden auf ewige Zeiten verliehen und die Bewohner der den Tempeln verliehenen Ländereien werden Sklaven, die nie ihre Freiheit wieder erhalten können. Die Priester geniessen nicht die Einkünfte dieser Ländereien; diese werden zur Instandhaltung der heiligen Gebäude oder zur Begehung von Festen verwendet, während die Priester von Almosen und frommen Gaben leben.

Die Bewohner der Ländereien müssen aufser den Abgaben, die sie an die temporären Besitzer derselben zu entrichten verpflichtet sind, auch von Zeit zu Zeit der Regierung Steuern zahlen; diese letztern werden nach dem verschiedenen Bedürfnifs der Herrscher entweder einzelnen Oertern oder dem ganzen Lande aufgebürdet.) Es ist nicht sowohl eine Grundsteuer, als eine Einkommensteuer und höchst drückend; in Städten, die Handel treiben oder in welchen Fabriken bestehen, werden die sämmtlichen einzelnen Mitglieder einer Familie herangezogen. Die Höhe dieser Steuer kann man danach beurtheilen, dafs einige Städte 127,000 tikal oder etwa 100,000 Thaler der Regierung gezahlt

dafs diese letztern die Auffresser des Landes genannt werden. Da die Landbebauer durch kein Gesetz gegen die Bedrückungen ihrer Herren geschützt sind, bleibt ihnen oft nichts übrig, als nach Dörfern oder Städten auszuwandern; eine Folge hievon ist, dafs viele Dörfer in Verfall gera

then sind.

1) Die Uebersetzung einer solchen Uebertragungs - Urkunde findet sich bei JOHN CRAWFURD a. a. O. Appendix V, p. 27.

2) JOHN CRAWFURD a. a. O. p. 419 flg.

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