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Vorrede

zur ersten Auflage. *)

Was sich sowohl für als gegen wissenschaftliche

Wörterbücher sagen lässt, ist dem Publicum, schon so oft
gesagt worden, daß ich es hier nicht wiederholen mag.
So lang' es aber Menschen giebt, bie gern nach solchen
Büchern greifen
und ich habe bemerkt, daß oft die
am liebsten danach greifen, welche" am meisten darauf
schelten — so lange muß vorausgeseht werden, daß der=
gleichen Bücher ein literarisches Bedürfniß seien. Und
wo sich ein Bedürfniß zeigt, da muß demselben abge=
holfen werden. Das ist denn auch von jeher geschehen,
sowohl in Bezug auf die Wissenschaften überhaupt, als
insonderheit in Bezug auf die Philosophie. Es kommt
also nur darauf an, daß jenem Bedürfnisse auf die zweck-
mäßigste Weise abgeholfen werde. Die Frage ist demnach
diese: Wie muß ein wissenschaftliches, und also
auch ein philosophisches, Wörterbuch beschaffen

*) Ueber die vorliegende neue Auflage wird sich der Verf.
nach vollendeter Arbeit im legten Bande erklären,

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VI

Vorrede zur ersten Auflage

fein, damit es dem Bedürfnisse berer, welche danach greifen, möglichst entspreche?

Nun ist für sich klar, daß, wer eine Wissenschaft ex professo studiren will, vernünftiger Weise nicht nach einem solchen Werke greifen kann. Denn da würd' er nur Bruchstücke, nur die zerstreuten Elemente der Wis= senschaft disjecti membra poetae nicht die Wissenschaft selbst finden. Wer also ein wissenschaft= liches Wörterbuch zur Hand nimmt sei er gelehrt oder ungelehrt, wenn nur gebildet genug, um überhaupt an wissenschaftlichen Forschungen Theil zu nehmen sucht nur augenblickliche: Belehrung über diesen oder jenen zur Wissenschaft gehörigen Gegenstand, um darüber weiter nachzudenken und nachzuforschen, wenn es ihm beliebt. ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ :.

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Hieraus ergeben sich die nothwendigen Eigenschaften eincs solchen Werks von selbst. Es muß sein

1. möglichst vollständig, damit der Leser nicht vergeblich nach dem suche, was in einem solchen Werke vernünftiger Weise gesucht werden mag;

2. möglichst deutlich, damit der Leser nicht genöthigt sei, noch ein zweites, das erste erklärendes, Wörterbuch zur Hand zu nehmen;

3. möglichst kurz, damit der Leser zwar überall Stoff zum weitern Nachdenken finde, aber nicht mit Materialien überhäuft werde;

4. möglichst bequem, damit der Leser auch leicht und bald finde, was er sucht.

Vorrede zur ersten Auflage

VII

Ob nun vorliegendes Wörterbuch alle diese Eigen= schaften habe, kann ich natürlich nicht entscheiden; ich kann nur sagen, daß ich bestrebt gewesen, sie ihm zu geben. Doch schmeichl ich mir mit der Hoffnung, daß billige Beurtheiler, welche mit den Schwierigkeiten der Ausführung eines solchen Entwurfs einigermaßen bekannt sind, dem Verfasser zugestehn werden, er sei nicht zu weit hinter seinem Ziele zurückgeblieben, da die Beschränktheit menschlicher Kräfte nun einmal nicht erlaubt, ein solches Ziel ganz zu erreichen.

Die meisten Ausstellungen dürften vielleicht in Bezug auf die Eigenschaften der Vollständigkeit und der Kürze gemacht werden, da beide schwer mit einander zu vereinigen sind. Es ist leicht möglich, daß mir irgend ein philosophisches Kunstwort, welches dieser oder jener Philosoph gebraucht, und eben so, daß mir irgend ein zur Geschichte der Philosophie gehöriger Name oder irgend ein zur Literatur der Philosophie gehöriges Buch entgangen sei. Das würde jedoch auch jedem Andern begegnet sein. Denn wer ist allwissend? Oder wem fällt das, was er weiß, auch gleich am rechten Orte bei? Indeß werd' ich jede Erinnerung, die mir desfalls zukommt, dankbar für die Zukunft benußen. Wenn man aber hin und wieder eine zu große Kürze bemerken sollte, so wolle man bedenken, daß es Conditio sine qua non war, das Werk nicht stårker als 4 Bånde von 45 50 Bogen werden zu lassen, damit es nicht zu theuer würde.

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Wäre diese Bedingung nicht gewesen, so hått' es mir keineswegs an Stoff gefehlt, das Werk doppelt und dreifach so stark zu machen, ja wohl zehnfach mit Hülfe der bekannten Ausdehnungskunst. Wer håtte aber dann das Werk kaufen mögen? Und wer håtte mir auch, bei meinem schon ziemlich vorgerückten Lebensalter, verbürgen können, daß ich es vollenden würde? Für das Publicum aber ist es gewiß kein Vortheil, wenn Unternehmungen der Art in's Stocken gerathen und am Ende liegen bleiben. Ich hielt es also für Pflicht, mich in der Bearbeitung der einzelen Artikel immer auf das Nothwendigste für eine augeriblichliche Belehrung zu beschränken. Wer mehr wissen will, wird sich leicht mittels der hier gegebnen Nachweisungen anderswo Raths erholen können. Ueberhaupt aber sväte man hie vergessen, daß es bei folchen Arbeiten viel schwieriger ist, kurz zu sein und Maß zu halten, als sich in's Unendliche gehen zu lassen.

Was die jest lebenden Philosophen betrifft, so war ich anfangs zweifelhaft, ob ich auch sie in dieses W. B. aufnehmen sollte. Denn einmal ist ihre Philosophie noch nicht als abgeschlossen zu betrachten; sie können ihre Ansichten åndern, durch fortgesette Forschung auf neue Ergebnisse geführt werden, vielleicht gar noch ein ihrem jezigen ganz entgegengesetztes System aufstellen. Beispiele der Art enthält die Geschichte der Philosophie in Menge. Ueberdieß sind Manche so kislich, daß fie jedes nicht beifällige Urtheil als Beleidigung ihrer Perschn, wenigstens als Verkennung ihrer Verdienste aufnehmen

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