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Aegid. Colonna

Aegypt. Weisheit

Aegidius Colonna (Aegidius de Columna, weil er aus dem edlen ital. Geschlechte Colonna stammte, und Aegidius Romanus genannt, weil er aus Rom gebürtig war) ein berühmter scholastischer Philosoph und Theolog des 13. u. 14. Jh., der auch die Beinamen Doctor fundatissimus und Princeps theologorum erhielt. Er trat früh in den Orden der Augustiner - Eremiten, studirte in Paris, vornehmlich unter Thomas von Aquino und Bonaven = ). tura, wurde Erzieher des nachmaligen Königs von Frankreich, Philipp's des Schönen, nachher Lehrer der Philosophie und Theologie an der pariser Universitát, und starb im Jahr 1316, als er, nach Erlangung der höheren geistlichen Würden, eben Cardinal werden sollte. Außer einem Commentare zum Magister sententiarum von Petrus Lombardus, hat er auch ein philosophisches Werk unter dem Titel: Tractatus de esse et essentia, 1493 ge= druckt, und ein andres unter dem Titel: Quodlibeta, hinterlassen, welches zu Löwen 1646 gedruckt ist. Dieser Ausgabe ist auch Curtius de viris illustribus vorgedruckt, worin man weitere Nachrichten über das Leben und den literarischen Charakter dieses Scholastikers findet. Die Commentationes physicae et metaphysicae, die ihm noch von Einigen beigelegt werden, sind wahrscheinlich unecht, weil darin Ae. selbst in der dritten Person und sogar später lebende Schriftsteller erwähnt werden, und weil auch der Styl reiner und lateinischer ist, als in den andern Schriften desselben. Seine philosophischen Untersuchungen betreffen größtentheils Gegenstände aus der Ontologie, rationalen Psychologie und Theologie, Probleme über Sein, Materie, Form, Individualität 2c. In vielen Puncten hålt er sich streng an die Lehre des Aristoteles, z. B. in der Lehre von der Materie, die er für ein bloßes Vermögen (potentia pura) ohne irgend etwas von einer Form oder Wirklichkeit an sich zu haben (non est aliquid in actu) erklärt. Die Wahrheit lässt er nicht bloß in den Objecten, sondern auch im Verstande begründet sein. Im Ganzen zeigt er sich als einen ziemlich consequenten Rea= listen. Vergl. Tiedemann's Geist der specul. Philos. B.4. S. 583 ff. ∙Aegyptischer Moses f. Maimonides.

Aegyptische Weisheit oder Philosophie ist, wie die Mathematiker zu sagen pflegen, eine unbekannte Größe, die wohl auch durch keine Combinationskunst in eine bekannte verwandelt werden möchte. Jene Weisheit, die nach dem schwankenden Sprach- ́ gebrauche der Alten alle Kunst und Wissenschaft in ihren Anfängen oder Keimen befasste, war ein ausschließliches Eigenthum der ågyp= tischen Priester, die sich kaftenartig von dem übrigen Volke absonderten und in den Schleier des Geheimnisses hüllten; weshalb sie auch eine eigne heilige Schrift (die hieroglyphische) zu ihrem Gebrauche hatten. Sie mögen also wohl auch eine esoterische Lehre

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gehabt haben, die sich von der exoterischen für das Volk unterschied. Wir wissen aber nichts davon. So viel ist gewiß, daß die Aegy= ptier weit früher als die Griechen ein gebildetes Volk waren. Sie dihmten sich daher auch ihrer alten Weisheit in Vergleich mit der jungen Weisheit der Griechen. Man sieht dieß unter andern aus einer Stelle in Plato's Timaus nicht weit vom Anfange. Da heißt es, ein alter ägyptischer Priester habe zu Solon, als diefer in Aegypten gewesen und von alten griechischen Geschichten erzählt habe, gesagt:,, Solon, Solon! Ihr Griechen seid doch immer Kinder; kein Grieche ist ein Alter." Und auf Befragen, was dies bedeute, habe der Priester erwidert: Jung seid ihr alle Am Geiste; denn ihr habt darin keine alte Lehre, keine durch die Beit grau gewordne Erkenntniß." Von seiner alten Weisheit erfahrt man aber nichts weiter. Wenn also Plessing in seinen Schriften (Osiris und Sokrates. Berl. und Stralf. 1783. 8. historische und philosophische Untersuchungen über die Denkart, Theol. u. Philos. der ältern Völker. Elbing. 1785. 8. Memnonium oder Versuche zur Enthüllung der Geheimnisse des Alterthums. Leipz. 1787. 2 Bde. 8. Versuch zur Aufklärung der Philos. des ältesten Alterthums. Leipz. 1788-90. 2 Bde. oder 3 Thle. 8.) behauptet, daß die Aegyptier die Urheber aller Religion und Philofophie des Alterthums gewesen, daß die griechische Weisheit hauptsächlich von jenen entlehnt, und namentlich die Metaphysik Plato's und Aristoteles's ágyptisches Ursprungs sei: so sind dieß Behauptungen, die auf sehr schwachen Gründen beruhen. Dagegen haben wieder Andre mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit behaup tet, die Aegyptier hätten, als Abkömmlinge der alten Aethiopier, selbst ihre Weisheit aus Aethiopien, und noch Andre, die Aegyptier hätten mitammt den Aethiopiern ihre Weisheit aus Indien, ihrem gemeinsamen Stammlande, geholt. Die Quelle ihrer Weisheit mag aber gewesen sein, welche sie wolle, so scheint diese Weisheit selbst nicht weit über einige mathematische, physikalische und astronomische Kenntnisse hinausgegangen zu sein; auch mögen die lehteren mit manchem astrologischen Aberglauben vermischt gewesen sein. Nach dem Zeugnisse Herodot's (II, 123.) waren die ägyptischen Priedie Meinung von der Seelenwanderung verknüpften; und zwar hitten sie gemeint, die Seele des Menschen durchwandere nach und nach die Leiber aller Landthiere, Wafferthiere und Vögel, und kehre dann wieder in einen menschlichen Körper ein; über welcher Wan= berung ein Zeitraum von 3000 Jahren verfließe. Hierin haben dann Einige einen astronomischen oder astrologischen Cyklus, Andre ein blog aus der Astronomie entlehntes Symbol der Unsterblichkeitslehre finden wollen. 6. Gatterer's commentat. de metempsychosi

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immortalitatis animorum symbolo aegyptiaco ad Herod. II, 122-3. vergl. mit Deff. commentatt. Il de theogonia Aegyptiorum ad Herod. II, 145. in den Novv. commentatt. soc. scientt. Gotting. Vol. V. VII. IX.). Wie die ágyptischen Pries' ster über das göttliche Wesen dachten, ist völlig unbekannt; daß sie aber in dem Volke keine reinern Begriffe davon zu wecken suchten, ist gewiß. Denn die Volksreligion war durchaus polytheistisch und der öffentliche Cultus ein grobsinnlicher Thier- und Fetischdienst; früher aber scheint derselbe astrolatrisch gewesen zu sein. Denn nach Herodot's Bericht (a. a. D.) theilten die Aegyptier ihre Götter in 3 Classen. Zur 1. gehörten 8 Götter, die 7 Planeten (mit Einschluß von Sonne und Mond) und der gesammte Sternhimmel, Mendes genannt; zur 2. aber 12 Gottheiten, die Zeichen des Thierkreises; zur 3. endlich eine unbestimmte Zahl von Göttern, unter welchen sich auch befanden Osiris und seine Schwester-Gats tin Jfis, jener als Urheber oder Symbol des Sonnenjahres, diese als Urheberin oder Symbol des Mondenjahres, oder auch beide als Repräsentanten der Zeugungskräfte der Natur, des männlichen und des weiblichen Princips der Dinge, nebst ihrem Sohne Horus (den die Griechen auch Horapollo nannten) als Repräsentanten des durch Sonnen und Mondlauf bewirkten Wechsels der Zeiten, von welchem auch die Wirksamkeit der Zeugungskräfte abhängig ist. Was die Aegyptier von ihrem Thaaut oder Thot (den die Gries chen auch Hermes Trismegist nannten) erzählten, ist mehr my= thisch, als historisch. S. diesen Namen. Aus einer Nachricht beim Diog. Laert. (I, 10) aber, daß die ägyptischen Philosophen als Princip der Dinge eine formlose Materie, aus welcher erst die vier Elemente ausgeschieden und dann auch die Thiere gebildet worden, angenommen, und daß sie ferner die Welt für entstanden und ver= aus dieser Nachricht, gänglich und kugelförmig erklärt hätten fag' ich, ist darum nichts zu machen, weil man nicht weiß, ob dieß nicht spätere Philosopheme seien, die aus Griechenland nach Aegypten gebracht wurden. Denn seitdem Aegypten von griechischen Kỏe nigen beherrscht wurde, welche ihre neue Residenz Alexandrien zum Site des Welthandels, der Kunst und der Wissenschaft zu erheben suchten, vermischte sich griechische und ägyptische Weisheit dergestalt, daß sie nicht mehr geschieden werden können. Wer mehr über dies fen höchst problematischen Gegenstand der Gesch. d. Philos. lesen will, vergl. folgende Schriften: Aegyptiaca s. veterum scriptorum (vornehmlich Herobot's u. Diodor's) de rebus Aegypti commentarii et fragmenta. Ed. F. A. Stroth. Gotha, 1782-3. 2 Thle. 8. Manethonis Aegyptiaca. Nur in Bruchstücken bei Josephus, Syncellus und Eusebius erhalten und herausg. von Scaliger in f. thesaurus temporum. Leiden, 1606

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u. 1658. Fol. vergl. mit Deff. Apotelesmatica s. de viribus et effectis astrorum II. VI. Herausg. von Gronov. Leiden, 1698. 4. (Ein astrologisch - poetisches, wahrscheinlich unechtes oder doch stark interpolirtes Werk). Horapollinis hieroglyphica. Gr. et lat. cum obss. Mercerii, Hoeschelii, Caussini et suis ed. J. C. de Pauw. Utrecht 1727. 4. Franz. von J. B. Requier. Paris, 1779. 12. Aristotelis de secretiore parte divinae sapientiae secundum Aegyptios libb. XIV ex arab. lingua in lat. conversi per Jac. Carpentarium. (Ein offenbar untergeschobnes Werk, das man in den Ausgaben der aristotelischen Schriften findet.) Plutarchi de Iside et Osiride lib. Gr. cum comment. et vers. angl. Sam. Squire. Cambridge, 1744. 8. Deutsch: Semler's Erläuterungen der ågyptischen Alterthumer durch Uebers. der Schrift Plutarch's von J. und D. und der Nachricht aus Herodot's 2. B. mit Unmerkk. Brest. 1748. 8. -Jamblichus de mysteriis Aegyptiorum. Gr. et lat. praemissa epist. Porphyrii ad Anebonem Aegyptium ed. Thom. Gale. Orford, 1678. Fol. (Auch ein verdächtiges Werk. S. Jamblich u. Porphyr). Kircheri Oedipus aegyptiacus, Rom, 1652-4. Fol. vergl. mit Deff. Obeliscus pamphilius. Rom, 1656. Fol. Jablonsky pantheon Aegyptiorum s. de diis eorum commentar. c. prolegg. de rel. et theol. Aegyptiorum. Frankf. a. d. D. 1750-52. 2 Bde. 8. Conr. Adami comm. de sapientia, eruditione atque inventis Aegyptiorum; in Deff. exercitatt. exegett. S. 95 ff. Heumann von der Philosophie der alten Aegyptier; in Deff. Acta philosophorum. Th. 2. S. 659 ff. -F. S. Schmidtii opuscula, quibus res antiquae, praecipue aegyptiacae, explanantur. Karlsruhe, 1765. 8. vergl, mit Desf. Schrift: De sacerdotibus et sacrificiis Aegyptiorum. Tübingen, 1768. 8.- De Pauw recherches philosophiques sur les Egyptiens et les Chinois. Berlin, 1773. 2 Bde. 8. Deutsch (von Krunis): Ebend. 1774. 2 Bde. 8. - Meiners's Versuch über die Religionsgeschichte der ältesten Völker, besonders der Aegy= ptier. Göttingen 1775. 8. Auch finden sich in Desf. vermischten philoff. Schriften, sowie in den Commentatt. soc. scientt. Gotting. J. 1780, 1789 u. 1790 mehre Abhh. von M. über den Thierdienst, das Kastenwesen und den Ursprung der Aegyptier. Vogel's Versuch über die Religion der alten Aegyptier und Griethen. Nürnberg, 1793. 4. Morig's symbolische Weisheit der Legyptier aus den verborgensten Denkmalen des Alterthums. Berlin, 1793. 8. Auch vergl. Heeren's Ideen über die Politik, den Verkehr und den Handel der alten Welt, Th. 2. S. 481 ff. A. 2. nebst den Schriften von Zoega, Belzoni, Sickler, Young, Champollion, Pfaff, Spohn, Seyffarth u. U. über Ae

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gypten und besonders über die ägyptischen Hieroglyphen, welche Schriften hier nicht näher angezeigt werden können. Doch geben die Schriften von Pfaff (Hieroglyphik, ihr Wesen u. ihre Quellen. Nürnb. 1824. 8. vergl. mit der 1. Beilage dazu: Die Weisheit ber Aegyptier und die Gelehrsamkeit der Franzosen. Ebend. 1825. 8.) und Seyffarth (Rudimenta hieroglyphices. Leipz. 1826. 4. nach Spohn's hinterlassenen Papieren gearbeitet) eine gute Uebersicht des bisher in diesem schwierigen Fache Geleisteten, sowie sie auch Aussichten für weitre Aufschlüsse eröffnen. Vergl. noch: Ueber-sicht der wichtigsten bis jeht gemachten Versuche zur Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen. Nach Brown (im Edinbourgh Review, 1826.) von Mor. Fritsch. Leipz. 1828. 8.

Aehnlichkeit bedeutet die Uebereinstimmung der Dinge in Ansehung der Qualität, während Gleichheit ihre Uebereinstim= mung in Ansehung der Quantität bezeichnet. Da aber die Qualität sehr vielfach ist: so können Dinge in der einen Hinsicht ähnlich, in der andern unähnlich sein; mithin kann auch die Aehnlichkeit bald größer bald geringer sein. Alle Dinge lassen sich daher gewissermaßen als ähnlich betrachten, und der Wih ist es besonders, der darauf ausgeht, überall Aehnlichkeiten zu finden, und der oft dadurch über= rascht und ergöst, daß er sehr entfernte Aehnlichkeiten, die nicht so leicht bemerkt werden, zur Anschauung bringt. Darauf beruht auch der bildliche Ausdruck. Wenn ähnliche Dinge mit einander verglichen werden, um Folgerungen aus ihrer Aehnlichkeit zu ziehn: fo giebt dieß den analogischen Schluß oder Beweis. Wenn Begriffe in gewissen Merkmalen übereinkommen, wie die Begriffe des Goldes und des Silbers in dem Merkmale der Metallität: so heißen sie auch ähnlich, desgleichen verwandt. Das Gefeß der Aehnlichkeit bezieht sich auf die Lehre von der Ideenas= fociation und bedeutet, daß ähnliche Vorstellungen oder die Vorstellungen von ähnlichen Dingen einander leicht in unsrem Bewusst= sein erwecken. S. Analogie und Association. Die Wehn: lichkeit mit Gott, nach welcher zufolge den Foderungen vieler Philosophen (Pythagoras, Plato u. 2.) und auch des Christenthums der Mensch streben soll, kann nur als eine moralische verstanden werden. Der Sas: Strebe nach Aehnlichkeit mit Gott! heißt also im Grunde nichts anders als der: Strebe nach sittlicher Vollkommenheit oder nach der Heiligkeit! Als Princip der Moral aber kann er nicht dienen, weil die Moral erst nach einem andern Principe bestimmen muß, worin die sittliche Vollkommenheit bestehe. S. Tugendgeseh. Einige alte Philosophen (Pythagoras, Empedokles, Demokrit, u. A.) stellten auch den Sah auf, Aehnliches werde nur durch Wehnliches erkannt (tois quotes to ὁμοια γινώσκεσθαι οδει ἡ γνωσις του ὁμοιου τῳ ὁμοιῳ) e

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