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Ab intestato

Abmarken

Ab intestato erben f. Erbfolge.

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Abirrung des Geistes von der Wahrheit. S. Irrthum. As Abirrungen werden auch zuweilen die Abweichungen der natürlichen Dinge von ihrer Grundform, die man gewöhnlicher Misgestalten oder Misgeburten (Monstrositäten) nennt, betrachtet, indem man sich vorstellt, daß der in der Natur herrschende Bildungstrieb sich gleichsam verirrt habe, als er ein solches Ding erzeugte. S. Bildungskraft. Die Abirrung des Lichts

gehört nicht hieher.

Abjudication und Adjudication (von ab, von, ad, zu, und judicare, urtheilen) ist Absprechung und Zusprechung eines Rechts durch ein richterliches Urtheil, besonders in Rechtsstreitigkeiten über das Mein und Dein oder das Eigenthum. S. d. W. und richten.

Abkürzung der Schlüsse und Beweise s. abgekürzt. Ablaß oder Ablasskram ist eine Art von Sündenhandel, dergleichen die Philosophie eben so wenig als eine gründliche Theologie zulassen kann, weil dem Menschen die Sünde nicht anders als durch sittliche Besserung erlassen oder vergeben werden kann. S. Sündenvergebung.

Ableitung f. abgeleitet.

Ablepsie (vom a priv. und Blɛnɛiv, sehen) bedeutet das Nichtsehen oder die Blindheit, sowohl körperliche als geistige. Da= her steht es auch für Stumpfsinn oder Dummheit. beide Ausdrücke.

S.

Ablernen heißt etwas von einem Andern dadurch lernen, daß man auf sein Verfahren genau achtgiebt und es dann nachmacht. Daher wird dieß auch ein Absehen genannt. So lernt oder sieht ein Lehrling seinem Meister vieles ab, ohne daß dieser jenem eine besondere Anleitung dazu giebt. Eben so lernen oder sehen Kinder ihren Eltern oder andern Erwachsenen vieles ab, be= sonders was zum Umgange und zu den alltäglichen Lebensgeschäften gehört. Das Beispiel wirkt also hier auf der einen und der Nachahmungstrieb auf der andern Seite. S. beide Ausdrücke. In den Wissenschaften findet dieß zwar auch statt, aber doch weniger, weil hier ein ordentlicher Unterricht, verbunden mit eigenem Studium, erfoderlich ist, wenn Jemand eine Wissenschaft gründlich erlernen soll. Vornehmlich gilt dieß von der Philosophie. S. d. W.

Abmahnen f. mahnen.

Abmarken und abmerken. Beides kommt zwar her von Mark (verwandt mit margo) = Gránze, Gränzzeichen, Zeichen überhaupt, hat aber doch verschiedne Bedeutung. Jenes heißt soviel als abgrånzen und wird daher auch von den Logikern ge

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Abnahme

Abolition

braucht in Bezug auf die genauere Bestimmung der Begriffe, weil sie dadurch gleichsam in ihre Gränzen eingeschlossen werden, so daß man ein deutliches Bewusstsein von ihrem Inhalt und Umfang erhält. S. Begriff. Das zweite Wort hingegen bedeutet, etwas an einem Zeichen erkennen. So merkt man einem Menschen sein Inneres (Gesinnungen, Absichten, Wünsche, Affecten und Leidenschaften) ab, indem man auf die Zeichen desselben im Aeußern (Mienen und Geberden) reflectirt. Auf diesem Abmerken beruht daher die ganze Pathognomik und Physiognomik, wie auch die Mimik. S. diese Ausdrücke.

Abnahme und Zunahme (dynamisch verstanden) sind Stufenunterschiede oder Gradationen der Kräfte in ihrer Wirksam= keit. Es kann aber eine Kraft sowohl allmählich als plößlich zuneh= men und abnehmen. Jenes geschieht nach dem natürlichen Entwickelungsgange, wo die Kraft anfangs eine Zeit lang steigt, dann aber wieder fällt. Dieses geschieht in Folge zufälliger Einwirkungen auf die Dinge, deren Kräfte so eben in Wirksamkeit treten. So kann die geistige Kraft des Menschen durch den Genuß hißiger Getránke, die man ebendarum auch wohl geistige nennt, auf eine kurze Zeit erhöht werden; es tritt aber, sobald dieser äußere Reiz vorüber ist, gewöhnlich eine desto größere Erschlaffung ein. Wird nun dieß oft wiederholt, so kann die Kraft endlich ganz erschöpft werden. Darum ist der Gebrauch solcher Reizmittel für den Geist sehr gefährlich. Wenn ein Ding in Ansehung des Stoffes (ma= terial) ab- oder zunimmt, so nimmt es darum nicht auch in Ansehung der Kraft (dynamisch) ab oder zu. Vielmehr findet hier oft ein umgekehrtes Verhältniß statt. So werden dicke Menschen gewöhnlich schlaff und träge. Die Kraft erliegt dann gleichsam unter der Masse.

Abnegation (von abnegare, ab- oder verleugnen) ist eine Negation, durch die man sich von etwas lossagt. Daher steht es auch zuweilen für Entsagung. Uebrigens f. Negation.

Abneigung ist das Gegentheil von Zuneigung. S. Neigung.

Abnorm f. Norm und enorm.

Abolition (von abolere, abschaffen, vertilgen) ist in rechtlicher Hinsicht eine Handlung, durch welche die rechtlichen Folgen einer andern Handlung aufgehoben werden, wie wenn ein Vertrag oder ́ ein Testament abolirt d. h. für ungültig erklärt wird. Die Abolition eines Strafurtheils kann entweder ein Act der Begnadigung sein, wenn dem Schuldigen die Strafe gemildert oder ganz erlas= fen wird (f. Begnadigungsrecht) oder auch ein Act der Gerechtigkeit selbst, wenn einem Unschuldigen eine Strafe zuerkannt worden. Ist die Strafe schon vollzogen: so muß mit der Abolition

Aboriginer

Abrogation

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auch Herstellung in den vorigen Stand oder Entschädigung verbun= ben werden, soweit solche noch möglich ist. Bei schon vollzognen Todesurtheilen besteht die Abolition eigentlich in einer bloßen Unschuldserklärung, die der Staat ausspricht, um wenigstens das Andenken des Hingerichteten in Ehren zu erhalten und auch der Fa= milie desselben eine Art von Genugthuung für den angethanen Schimpf zu geben. Wäre aber die Familie dadurch auch an ihrem Vermögen verlegt worden, so müsste gleichfalls Entschädigung geleistet werden.

Aboriginer, nåmlich philosophische, könnte man dass jenige Volk nennen, in welchem zuerst oder ursprünglich (ab origine) philosophirt worden. Dieses Volk ist aber unbekannt. Denn die Griechen waren es nicht. S. barbarische und griechische Philosophie. Im allgemeinen Sinne nennt man auch Ab= originer dieselben Völker, welche sonst Autochthonen heißen. S. d. W.

Abre Anam f. Lokmann.

Abrichtung oder Dressur ist die allmähliche Gewöhnung eines Lebendigen Wesens zu einer gewissen Art der Thätigkeit, indem dadurch seine Kräfte eine bestimmte Richtung erhalten._Vornehm= lich wird es von Thieren gebraucht, die durch öftere Wiederholung derselben Thätigkeit, wie auch durch Hunger, Schläge und andre Zwangsmittel so abgerichtet werden können, daß sie eine Menge von Künsten oder Kunststücken machen und selbst gegen den natürlichen Trieb (den Instinct) wirken. Aber auch Menschen können so abgerichtet oder dressirt werden; und viele Erzieher wirken auch bloß auf eine solche Abrichtung bei ihren Zöglingen hin. Wenn es nun bei der Erziehung eines jungen Menschen bloß darauf ankäme, ihm gewisse mechanische Fertigkeiten beizubringen (anzulernen, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, statt anzulehren): so wåre gegen diese Erziehungsmethode nichts zu sagen. Da aber die Erziehung einen weit höhern Zweck hat, so ist diese Methode durchaus verwerflich. S. Erziehung.

Abriß einer Wissenschaft, z. B. der Philosophie, ist eine kurze, bloß die Hauptmomente gebende, Darstellung derselben. Sie dient daher zur leichtern Uebersicht aller Theile des Ganzen, und wird auch zuweilen, um den Ueberblick noch mehr zu erleichtern, in tabellarischer Form abgefasst. Man nennt solche Abrisse auch Compendien, Encyklopädien, Skiagraphien, Skizzen, Summen . S. diese Ausdrücke.

Abrogation (von ab, weg, und rogare, fragen, bitten) von Gesezen gebraucht bedeutet deren Aufhebung oder Abschaffung, weil die Römer den Antrag, Vorschlag oder Entwurf zu einem Gesete rogatio nannten, indem das Volk erst um dessen Annahme

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Abrundung

Abschoß

und folglich auch nachher um die Weg- oder Rücknahme des an genommenen Gesetzes befragt oder gleichsam gebeten werden musste. Daher verbindet Cicero (de invent. II., 45) tollere et abrogare legem mit einander und sagt anderwärts (Phil. V, 6) leges rogatas abrogare. Uebrigens vergl. Gefeß.

Abrundung des Gebiets (Arrondirung) ist die Einschließung des Grundes und Bodens, auf welchem ein Staat besteht, in möglichst vortheilhafte Gränzen -vortheilhaft theils zur Sicherheit, theils zum Handel und zu andern Lebenszwecken. Das Streben eines Staats nach solchen Gränzen -die auch natürliche genannt werden, wieferne die Natur selbst sie durch Bergketten, Flüsse, Seen, Wüsten zc. angedeutet hat ist zwar an sich er= laubt, wird aber rechtswidrig, wenn jene Gränzen durch Gewalt oder Betrug errungen werden sollen. Es lässt sich jedoch wohl denken, daß zwei Staaten sich durch freiwilligen Austausch gewisser Gebietstheile gegenseitig abrunden; wogegen das Rechtsgeseß nichts einzu= wenden hat, weil alsdann die Erwerbung der bessern Gränze auf einem Vertrage beruht. Auf diesem rechtlichen Wege kann sich auch jeder Privatmann in Ansehung seines Grundbesiges arrondiren. Abscheu ist eigentlich das Gegentheil von Begierde. S. begehren. Man trägt aber das Wort auch auf andre Dinge über. So sagen manche Metaphysiker, die Natur habe einen Abscheu vor dem Leeren (fuga oder horror vacui). S. Leeres. Eben so die Moralisten, der Tugendhafte habe einen Abscheu vor dem Laster. S. Laster. Das Wort wird also dann, gleich so vielen andern, in einer umfassendern und höhern Bedeutung ge= nommen, als es ursprünglich hatte.

Abschoß ist derjenige Vermögenstheil, welcher vom Staate zurückbehalten wird, wenn das Vermögen durch Auswanderung oder Erbschaft außer Landes geht. Darum heißt er auch Abzug oder Detrakt. Das Abschofsrecht (jus detractus) oder die Be= fugniß des Staats zu einem solchen Vermögensabzuge gründet sich lediglich darauf, daß das äußere Vermögen (denn nur von diesem lässt sich etwas abziehn, da das innere mit der Person unmittelbar verknüpft ist, also zur Persönlichkeit selbst gehört) unter dem Schuße des Staats erworben worden und selbst einen Theil von dem ge= fammten Staatsvermögen ausmacht. Es versteht sich aber von selbst, daß der Abschoß nach einem möglichst billigen Maßstabe zu bestimmen ist. 3wingt der Staat zur Auswanderung, indem er z. B. einige seiner Bürger wegen ihrer Religion bedrückt und verfolgt: so macht er sich jenes Rechtes selbst verlustig, weil er unge= recht handelt, weil er seine Pflicht gegen jene Bürger nicht erfüllt, und weil Rechte und Pflichten immer einander entsprechen, man

Abschreckung

Abschweifung

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also vernünftiger Weise kein Recht ausüben kann, ohne die ihm entsprechende Pflicht zu erfüllen. Eben so fällt das Abschofsrecht weg, wenn nach einem Kriege von dem einen Staate Gebietstheile an den andern abgetreten oder gar solche Theile schlechtweg in Befit genommen werden, und nun die Bewohner dieses Gebiets auswandern, um sich auf dem nicht abgetrennten Gebiete oder sonst wo niederzulassen. Denn der andre Staat als neuer Gebietsinhaber hat ihnen noch keinen Schuß gewährt und ist auch nicht berechtigt, Jemanden zu zwingen, sich fremder Gewalt zu unterwerfen, da kein Mensch als ein der Erdscholle angehöriger Bestandtheil des Gebiets oder als eine bloße Frucht des Bodens angesehen und behandelt werden darf. S. Auswanderung.

Abschreckung (deterritio) ist nach einigen Rechtslehrern (die man daher Terroristen und ihre Theorie Terrorismus nennt) wo nicht der einzige, so doch der Hauptzweck der Strafe. Diese Ansicht vom Zwecke der Strafe ist aber falsch aus folgenden Gründen: 1) darf man Niemanden strafen, um Andre abzuschrecken, weil sonst der Bestrafte ein bloßes Mittel für Andre sein würde; er muß vielmehr selbst die Strafe durch eine widerrechtliche Handlung verdient haben; 2) hinge dann die Strafe von einem bloß zufälligen Umstande ab; denn es ist gar nicht nothwendig, daß die Strafe Jemanden von derselben Handlung abschrecke; vielmehr lehrt die Erfahrung, daß dieselben Handlungen, ungeachtet sie schon tausendmal bestraft worden, doch wieder begangen werden, oft von Ebendemselben, der dafür bestraft worden; 3) führt diese Ansicht zu den grausamsten und hårtesten Strafen, weil man sich einbildet, je hárter die Strafe, desto abschreckender. Dem widerspricht aber auch die Erfahrung, indem durch solche Strafen das Gefühl der Menschen einerseit empört, anderseit aber bei öfterer Wiederholung abgeStumpft wird. Die Abschreckung kann also nur als ein Nebenzweck der Strafe angesehn werden, auf welchen das Strafgeset freilich bei Androhung der Strafe Rücksicht nimmt. Es wird aber dieser Zweck hauptsächlich darum nicht immer erreicht, weil der Ver= brecher entweder nicht an das Strafgeset denkt, wenn er die Handlung vollzieht, oder sich mit der Hoffnung der Straflosigkeit schmeichelt, indem er meint, daß er unentdeckt bleiben oder sich durchhelfen werde, sei es mit List oder Gewalt. Uebrigens f. Strafe.

Abschweifung (digressio) wofür man auch zuweilen Ausschweifung oder Abweichung sagt, ist eine Entfernung im Denken oder Reden oder Schreiben vom Hauptgegenstande, indem sich die Aufmerksamkeit auf einen damit verwandten Nebengegenstand nach den Geseßen der Ideenassociation (s. d. W.) rich

Solche Abschweifungen sind eigentlich fehlerhaft, besonders wenn sie zu lang sind und zu oft kommen, oder wenn gar eine Abschweifung

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