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Vorrede zur ersten Auflage

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und dann bitter rügen. In Ansehung meiner selbst hått' ich also freilich besser gethan, alle Lebenden auszuschließen. Allein für die Leser oder Benußer des Werkes wåre durch eine so persönliche Rücksicht schlecht gesorgt gewesen, weil es als ein nicht bloß wissenschaftliches, sondern auch historisch - literarisches Werk zu mangelhaft geworden wåre. Männer wie Bouterwek, Eschenmayer, Fries, Hegel, Herbart, Oken, Salat, Schelling, Schulze, Steffens, Wagner, Wendt, de Wette u. A. gehören mit ihren Werken bereits der Geschichte und Literatur der Philosophie an. *) Ihre Namen durften also hier nicht vergeblich gesucht werden. Gleichwohl konnten auch nicht Alle aufgenommen werden, die irgend einmal eine philosophische Abhandlung herausgegeben. Da hätten fast alle lebende Schriftsteller (außer einer Unzahl verstorbner) hier Plaß finden müssen. Denn wer hat nicht irgend einmal ein paar philosophische Reflexionen drucken lassen, wär' es auch nur in einer fog. Philesophie des Düngers"! Und wo hatt' ich dann den Plaß für so viele Namen und Schriften hernehmen sollen, wenn ich sie auch alle gekannt håtte! Folglich musste eine Auswahl getroffen werden. Aber nach welchem Principe, um eine feste Grånzlinie zu ziehn? Das war eine schwere, fast unauflösliche Aufgabe!

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Ich habe mir nun in dieser Hinsicht dadurch zu helfen gesucht, daß ich bloß Diejenigen aufnahm, welche

*) Der Erste und der Vierte sind bekanntlich gestorben, nachdem Obiges geschrieben war. U. z. n. Ausg.

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Vorrede zur ersten Auflage

bereits durch einige größere und bedeutendere Werke phis losophisches Inhalts die Aufmerksamkeit des philosophischen Publicums auf sich gezogen haben, so daß wohl mancher Leser nach ihren Namen in diesem W. B. suchen möchte. Sollt' ich aber bei dieser Auswahl doch zu viel oder, was ich noch mehr fürchte, zu wenig gethan haben; sollte man einige Namen nicht finden, die viel leicht durch frühere oder eben während der Ausarbeitung und Herausgabe dieses W. B. durch neue Schriften Ansprüche auf einen Plas darin erworben haben: so bitt' ich, mich nur darauf aufmerksam zu machen, damit ich in einigen dem legten Bande beizufügenden Supple= mentartikeln das Versäumte nachholen könne. Der Stoff zu einem solchen W. B. wächst ja ohnehin mit jedem Jahre. An Nachträgen für die Zukunft kann es also nie fehlen. Was aber das Urtheil über Zeitgenossen betrifft, so hab' ich mich dessen meist enthalten; und wo es nicht füglich umgangen werden konnte, da bitt' ich zu bedenken, daß die Philosophen nun einmal nicht einig sind und es vor dem I. 2440 auch schwerlich werden dürften,

Und so möge denn der geneigte Leser bei Benußung dieses Werkes mir wenigstens das Zeugniß nicht versagen, daß ich nicht ganz umsonst für ihn gearbeitet habe. Geschrieben zur Ostermeffe in Leipzig 1827.

krug.

A

A.

- ohne weitern Beisas bedeutet in der Philosophie das Erste, was schlechthin oder ohne irgend eine anderweite Bedingung gesezt ist und daher auch das Absolute heißt; worauf dann alles Uebrige als ein Relatives zu beziehen wäre. Ob es ein solches A in und fir die menschliche Erkenntniß gebe, ist von jeher unter den Philos faphen eine sehr streitige Frage gewesen, die noch keineswegs befries bigend beantwortet ist. Man sollte daher auch nicht die Philosophie geradezu für eine Wissenschaft vom Absoluten erklären, wie neuerlich von den sogenannten Naturphilosophen geschehen. Denn menn gleich der Philosoph danach forschen mag: so ist es doch sehr zweifelhaft, ob er es auch zu erkennen, mithin eine wahrhafte Wissenschaft davon zu erlangen vermöge. S. absolut u. Philos. Benn man dem A das O (námlich das griechische lange, w, Omega genannt, welches im griechischen Alphabete den legten Plaz_einnimmt) entgegensest; so bedeuten diese beiden Buchstaben das Erste und das Leste überhaupt, oder Anfang und Ende der Dinge. Sagt man daher, die Philosophie sei eine Wissenschaft, welche das A und das O erforsche: so heißt dieß nichts anders, als sie suche alles nach seinen tiefsten (ersten oder lehten) Gründen zu erkennen; wobei es wieder unentschieden bleibt, ob sie auch alles so zu erkennen ver möge. Es soll dadurch nur ein idealisches Streben des menschlichen Geistes, wiefern er philosophirt, angedeutet werden. In der Logik braucht man auch das A zur Bezeichnung irgend eines Denkgegenflandes, eines Dinges überhaupt. Daher bedeutet die Formel A=A fo viel als: Jedes Ding ist sich selbst gleich. Man nennt diesen Sag den Grundsaß der durchgängigen Gleichheit oder Einerleiheit (principium identitatis absolutae) um ihu von dem Grundsage der verhältnissmäßigen Gleichheit oder Einerleiheit (principium identitatis relativae) zu unters scheiden, welcher sich bloß auf die Einstimmung der Dinge in geKrug's encyklopädisch - philos. Wörterb. B. I.

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wissen Hinsichten, mithin auf die bald größere bald geringere Uehnlichkeit oder Verwandtschaft derselben bezieht. Hieraus erhellet fo= gleich, daß die Formel A=A gar nichts über den Gehalt eines Dinges aussagt, sondern bloß irgend Etwas in Gedanken segt (thesis, positio) welches zugleich sich selbst entgegengesezt wird (antithesis, oppositio). Weil aber das Entgegengesezte hier dasselbe ist, was zuerst gesezt war: so wird es vom Verstande nothwendig als gleich gesegt oder mit sich selbst verknüpft gedacht (synthesis, compositio). Es ist also die Formel AA ein allgemeines Bild (schema) des vom Verstande abhängigen Segens, Entgegensegens und Verknüpfens, und insofern auch alles Denkens, weil dieses ebendarin besteht, daß wir irgend Etwas durch den Verstand sehen; worauf dann das Entgegenseßen und Verknüpfen von selbst folgt. Denn das Trennen der Gedanken ist selbst nur eine Folge des vorhergegangenen Verknüpfens, indem durch bloßes Trennen der Gedanken, wodurch sie im Bewusstsein auseinander gehalten werden, keine Einheit des Bewusstseins, folglich auch keine zusammenhangende Gedankenreihe zu Stande kommen würde. Es war daher ein großer Misgriff einiger neuern Philosophen, insonderheit Fichte's, daß sie die Formel A=A, die nur das Verfahren des Verstandes beim Denken überhaupt oder ein allgemeines Denkgeses bezeichnet, an die Spite ihres Systems stellten, um daraus die ganze Philosophie abzuleiten. Denn ein Sah, der gar nicht bestimmt, was ein gewisses Ding sei und wie es sich zu andern verhalte, sondern nur, wie jenes Ding, wenn es gedacht und in Gedanken sich selbst entgegengesezt wird, sich zu sich selbst ver halte ein solcher Sag giebt gar keinen bestimmten Gegenstand zur Erkenntniß, hat keinen wirklichen (realen) Gehalt, und kann daher auch nicht gebraucht werden, um den Inhalt einer ganzen Wissenschaft zu bestimmen. Daher sahe sich auch die Wissenschaftslehre bald genöthigt, die allzuleere Formel AA in den Sat: Ich Ich, zu verwandeln, um ihr doch einigen Inhalt zu geben. S. Fichte. Da ferner jedes Ding, welches gedacht werden foll, durch einen Begriff gedacht werden muß, und da jeder Begriff aus gewissen Merkmalen besteht, welche als Theilvorstellungen zusammengenommen_dem Begriffe als der ganzen Vorstellung ebenfalls gleich sein müssen: so bezeichnet man in der Logik dieses Verhältniß auch mit der Formel A=A. Das erste A bedeutet dann den Begriff selbst als Ganzes, und das zweite A die sämmtlichen Merkmale als Theile dieses Ganzen. Insoferne kann man jene Formel auch so aussprechen: Das Ganze ist gleich allen seinen Theilen zusammengenommen. Daher müsfen in den Erklärungen und Eintheilungen das Vorderglied, welches zu erklären und einzutheilen ist, und das Hinterglied, wodurch jenes

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erklärt und eingetheilt wird, im Verhältnisse der Gleichheit stehn, wenn die Erklärungen und Eintheilungen richtig sein sollen. S. Bes griff, Erklärung und Eintheilung. Zuweilen wird aber in der Logik auch ein einzeles Merkmal mit A bezeichnet; und wenn dann mehre Merkmale zu bezeichnen, so bedient man sich der übrigen Buchstaben. Dabei pflegt man, wie die Mathematiker, die schon bekannten Merkmale als gegebne Größen mit den ersten, die noch unbekannten aber als erst zu suchende Größen mit den lesten Buchstaben des Alphabets (gewöhnlich X, wenn nur eins gesucht wird) zu bezeichnen. In der Lehre von den Urtheilen bedeutet A auch oft das Subject und B das Prádicat des Urtheils; wo es dann dahin gestellt bleibt, in welchem Verhält nisse diese beiden Bestandtheile des Urtheils, die man besser durch S und P bezeichnet, zu einander stehen. S. Urtheil. In der Lehre von den Schlüssen endlich bezeichnet man auch die allgemein bejahenden Urtheile mit A, so daß z. B. AAA einen Schluß mit drei allgemein bejahenden Hauptsäßen bedeutet. S. Barbara und Schluffmoden. Außerdem wird A oder vor einem andern Vocal Ab als lateinische Präposition, welche von bedeutet, in gewissen philoff. Formeln gebraucht, die hier der leichtern Uebersicht wegen gleich aufeinander folgen mögen.

A fortiori, vom stärkern, wird gesagt, wenn man einen vorhergehenden schwächern Grund von einem nachfolgenden stärkern bekräftigt werden lässt, weil die umgekehrte Ordnung den stärkern Grund nur schwächen würde.

A majori ad minus (vom Größern aufs Kleinere) und umgekehrt a minori ad majus (vom Kleinern aufs Größere) schließen, find unsichere Schluffarten, weil es gar nicht nothwendig ist, daß das, was an dem Einen angetroffen wird, auch am Undern stattfinde. Es müsste erst erwiesen sein, daß beide (das Größere und das Kleinere) einartig seien und daher im Wesentlichen einstimmen. Und doch könnten auch hier noch bedeutende Verschiedenheiten stattfinden, wie zwischen Erwachsenen und Kindern. Es wird also diese Art zu schließen nie volle Gewissheit, sondern immer nur nach den Umständen einen höhern oder niedern Grad von Wahrscheinlichkeit geben, weil sie auf einem Aehnlichkeitsverhältnisse beruht. Sie gehört daher zur analogischen Schlussart überhaupt. S. Analogie.

A parte (vom Theile) wird gesagt, wenn man etwas bloß theilweise betrachtet, und zwar entweder a parte ante, bem vor bern, oder a parte post, dem hintern Theile nach. Die Schola= stiker trugen dieß auch auf Gott und die menschliche Seele über und sagten: Gott ist ewig sowohl a parte ante als a parte post, weil er weder Anfang noch Ende hat; die menschliche Seele aber it nur ewig a parte post, weil sie einen Anfang, aber kein Ende

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